Montag, 25. Juli 2011

Budapest

24.7.2011

Bevor es am Abend zu einem Fußballspiel ging, standen in Budapest diesmal Museumsbesuche am Programm. Nach Besichtigung der Hauptsehenswürdigkeiten bei einem vorigen Aufenthalt bleibt hier noch einiges an Sehenswerten, um in die Tiefe zu gehen.

Das Kunstgewerbemuseum (Iparművészeti Múzeum) ist ein einem dafür maßgeschneiderten Jugendstilbau untergebracht. Stilecht ist die Fassade mit allerlei Kermamik, also Kunsthandwerk, verziert. Eröffnet wurde das Museum im Jahr 1896 zum Abschluß der ungarischen Milleniumsfeiern.


Ganz in der Nähe war die Corvin-Passage (Corvin köz) gegenüber der ehemaligen Killián-Kaserne in der ungarischen Revolution von 1956 einer der Hauptschauplätze der blutigen Kämpfe in der Stadt. Am alten, in frischem Schönbrunnergelb gestrichenen, Kinogebäude im Innenhof der Passage erinnern Gedenktafeln an die damaligen Toten. Besonders effektvoll steht ein 1996 errichtetes Denkmal eines kämpfenden Pester Jugendlichen (Pesti Srác) vor einem historisierenden Relief einer mittelalterlichen Szene der ungarischen Geschichte an der Fassade des Filmpalasts im Hintergrund.


In einer ehemaligen Synagoge aus dem Jahr 1923 wurde 2004 das Holocaust-Gedenkzentrum (Holokauszt Emlékközpont) eröffnet.


Die Ausstellung zeigt die schrittweise Radikalisierung des Antisemitismus in der Zwischenkriegszeit in Ungarn ab 1920, der schrittweisen Entrechtung und Enteigung der jüdischen Ungarinnen und Ungarn (und Roma) durch die mit Hitlerdeutschland verbündete Horthy-Diktatur und schließlich die Deportation und Ermordung von Hunderttausenden in wenigen Monaten ab August 1944. Bedrückend. Die Ausstellung ist sehr gut gemacht und sollte ein Pflichtbesuch sein.


Der schön renovierte Innenraum der ehemaligen Synagoge.


Das Ungarische Nationalmuseum (Magyar Nemzeti Múzeum) präsentiert quasi das offizielle ungarische Geschichtsbild vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Das 1837−1847 errichtete klassizistische Gebäude spielte wenig später in der Revolution von 1848 eine größere Rolle, als der Dichter und Nationalheros Sándor Petofi am 15. März auf der Treppe das Nemzeti dal („Nationale Lied“) vortrug.


Wie alle Museumsgebäude seiner Zeit ist nicht nur die Ausstellung sondern auch das Gebäude selbst sehenswert. Sehr schön ist hier der durchgehende antikisierende klassizistische Stil des immerhin zwei Generationen vor den Wiener Ringstraßenmuseen erbauten Hauses. Hier die Deckenfreskos des Stiegenhauses.


Die Hauptausstellung des Nationalmuseums präsentiert die ungarische Geschichte vom Beginn der ungarischen Besiedlung im Mittelalter bis in die Gegenwart, bis zum Wendejahr 1989/90. Die Mittelaltersammlung ist besonders bemerkenswert, zeigt aber auch den offensichtlichen Sammlungsschwerpunkt des 19. Jahrhunderts, etwa in der Präsentation mehrerer kirchlicher Chorgestühle. Die Ausstellung bietet einen durchaus guten Einblick in die politische Geschichte Ungarns, allerdings ist die Präsentation mit äußerst wenigen Ausnahmen eine Geschichte der Herrschenden. Sozialgeschichtliche Aspekte fehlen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen