Mittwoch, 20. Februar 2008

Ungewöhnliche Menschen



Eric Hobsbawm
Ungewöhnliche Menschen
Über Widerstand, Rebellion und Jazz
München 2003 (dtv)
424 S.






Es ist ja schon wirklich unglaublich, wie Hobsbawm in höchster wissenschaftlicher Qualität und gleichzeitig so schön zu Lesen schreibt. In diesem Buch, das Artikel von den 1950er bis in die 1990er Jahre sammelt, geht's um verschiedenste Themen wie das Verständnis der britischen Maschinenstürmer des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts als rational Handelnde ("Ausschreitung als Kollektivvertragsverhandlung" / "bargaining by riot") über Schuster und Handwerker in der Arbeiterbewegung, hochspannend um Bauernbewegungen - z.B. mit gezogenen Parallen zwischen Süditalien und Lateinamerika oder atemberaubend mit dem Fall in Peru, wo die genauen Grenzen des von den Haciendas gestohlenen Gemeindelandes über 400 Jahre in indigenen Gemeinden von Generation zu Generation weitergegeben worden sind. Es gibt auch Texte über den sizilianischen Banditen Giuliano (btw ich muß unbedingt John Dickie irgendwann noch lesen...) im Verständnis des politischen System Siziliens der 1940er Jahre oder den Pariser Mai 1968. So macht Geschichte wirklich Spaß, tiefschürfend, aber die Quellen ganz en passant präsentierend und großartige Schlüsse ziehend. Selbst die zeitnahen Artikel wie über 1968 oder Vietnam beeindrucken zutiefst.
Und es war gescheit, die Hobsbawm-Lektüre mit der Autobiographie zu beginnen. So hat man als Zusatz-Asset die jeweiligen biographischen Kapitel im Hinterkopf, wenn er etwa über Lateinamerika und Italien schreibt.

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