Mittwoch, 6. Februar 2008

Gefährliche Zeiten



Eric Hobsbawm
Gefährliche Zeiten
Ein Leben im 20. Jahrhundert
München/Wien 2003 (Carl Hanser Verlag)
499 S.






Hobsbawms Autobiographie heißt ja im Original Interesting Times, was dem ganzen ja schon auch (in Anspielung auf das chinesische Sprichwort) ein bisserl einen anderen Drive gibt als Gefährliche Zeiten. Hobsbawm hat ein langes Leben geführt (und führt hoffentlich noch weiter ein langes) und ein bewegtes politisches und wissenschaftliches Leben. Aufgrund der vielen Brüche des 20. Jahrhunderts sind dessen Biographien immer spannend, so auch Hobsbawms persönliche Geschichte. Sogar noch interessanter als seine Reflexionen über die Zwischenkriegszeit finde ich hier seine persönliche, mit seinem politischen und wissenschaftlichem Leben eng verknüpfte Annäherung an Frankreich, vor allem Italien, Lateinamerika und die USA. Eigentliches Grundthema des Buchs ist sein "Kommunist sein", wie ein Kapitel heißt - der Lebensweg des in jungen Jahren Gepackten, der innerhalb des parteipolitischen Kosmos seine Lebenswelt findet und aus der Theorie strukturierende Leitgedanken seiner Arbeit schöpfen kann - und in einer Mischung aus Reminiszenz, Überzeugung und Dickschädligkeit auch nicht davon lassen kann, als die Partei nicht mehr seinem Ideal entspricht und nicht mehr seine Hoffnung von einst darstellt. Persönlich interessant, weil im hiesigen Kontext ungewöhnlich, hab' ich dabei gefunden, daß er kaum über die Labour Party schreibt, sein "Kommunist sein" rein am Marxismus festmacht und nicht an der Reibung an und heftigen Abgrenzung von der Sozialdemokratie. Das liegt wohl vor allem daran, daß die britische Labour Party nie in der Tradition des Marxismus gestanden ist wie mitteleuropäische sozialdemokratische Parteien, aber vielleicht doch auch daran, daß die britische KP nicht ganz die Massenbewegung war, als die sie einem in der Lektüre des Buches fast vorkommt und wie sie Hobsbawm offensichtlich an der KPI bewundert (hat). Eigentlich mag ich ja Autobiographien und Memoiren nicht so, Hobsbawms Buch war allerdings ein sehr interessantes und die ideale Basis für die jetzt anstehende umfassendere Lektüre seines Werks.

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