Mittwoch, 16. Juli 2008

spw 164


spw
Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft
Heft 164 (4/2008)
Mai 2008
59 S.




Thomas Westphal ortet das Platzgreifen einer romantischen Gefühlsreligion aus der "aggressiven "nix ist fix" Kultur", des "gesellschaftlich-geistigen Überbaus" der "rein öknomischen Entwicklung des Finanzmarktes und seiner Kultur". Er schreibt in seinem Vorwort, "Religion als Erhabenheit vor der Endlichkeit, als die Suche nach dem Ich, als ganz persönlicher Gott, ist der individuelle Reflex auf eine entsolidarisierte Welt. Religion als Selbstbegeisterung in einer Welt ohne Enthusiasmus mag das individuelle Leben erleichtern, aber es ändert nichts an den Verhältnissen. Kurzum: Auch in der Form der romantischen Gefühlsreligion, bleibt Religion Opium. Viel Spaß beim Schweben."

Ich teile die grundsätzliche Einschätzung der gesellschaftlichen Substanz von Religion. Sie dient dazu, Machtverhältnisse zu verfestigen und wo sie revolutionär daherkommt endet es nur im "Der König ist tot, es lebe der König". Leute geben irgendwelchen von Gott faselnden Leuten ihr Geld, weil sie eingeredet bekommen, daß das was nützt oder sie sich dann besser fühlen. Tun Leute, die kiffen, auch. Und das Geld wandert ebenso in sinistre Kanäle. KifferInnen haben allerdings nie zu allen Zeiten Waffen und Kriege gesegnet.

Aber zurück zum Thema: Gibt es das wirklich, den neuen "Gotteswahn, der sich in unserer Gesellschaft breit macht", von dem Westphal schreibt? Als in der Pampa Aufgewachsener ist mir die Allgegenwart der Irregeführten ja so gewohnt, daß mir so was wohl vielleicht tatsächlich nicht auffallen würde. Aber ist es so, daß man von einer "romantischen Ich-Begeisterung" als neuer Religion sprechen kann wie es Westphal tut? Ja, Vereinzelung, lebenslängliches Lernen, "wir bekommen alle keine Pension mehr", nach unten treten, wir sind alle selbstausbeuterische Einpersonenunternehmen mit Projekten - ja, das sind Ausdrücke des Überbaus der ökonomischen Entwicklung und sind demgemäß als Leitbilder hegemon. Aber Religion? Ich weiß nicht. Aber so Begriffsfixiertheit ist ja nicht so meins, vielleicht also.

Der Schwerpunkt der Ausgabe gilt dem Konzept Gute Arbeit. Es geht nicht um Arbeit allein, sondern um Arbeit, von und mit der man gut leben kann. Da gibt es dann Vorschläge wie eine lebenslauforientierte Beschäftigungs-/Arbeits-/Arbeitslebensversicherung anstatt einer Arbeitlosenversicherung.

Und zwei Mal kommt im Heft das Wort "verschlimmbessern" vor. Ist das ein Modewort? Ich krieg so was ja immer zuletzt mit.

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