Sonntag, 26. Februar 2017

Vinkovci

26.2.2017

Im kroatischen Vinkovci (deutsch früher Winkowitz und ungarisch Vinkovce) wurde ein Fußballspiel besucht. 32.000 Menschen leben hier.

Heute sind hier 92% kroatisch und nur 5 Prozent serbisch. Vor dem Bürgerkrieg und der Flucht eines Großteils der Menschen war die Bevölkerung dreimal so groß. Von den knapp 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner waren 1991 80% kroatisch und 13% serbisch. Im Krieg 1991/92 war die Stadt direkt an der Frontlinie zwischen kroatischen Truppen und jugoslawischer Armee und militärischen Einheiten der serbischen Bevölkerung, wurde bombardiert und etwa die Hälfte der durch Beschuss und Brände Stadt zerstört.


Die katholische Kirche Crkva svetih Euzebija i Poliona wurde 1772 bis 1777 errichtet. 1991 wurde die bei jugoslawischen Luftangriffe auf die Stadt bomabardiert und brannte aus. Der Einsturz der brennenden Turmspitze wurde ein symbolhaftes Bild der Schlacht um Vinkovci in diesem Krieg. 1994 bis 1998 wurde die Kirche renoviert und 1999 der Turm wiederaufgebaut.

Das Stadtbild im Zentrum wird durch barocke Architektur des Ausbaus zur Stadt unter Habsburgerherrschaft im 18.Jh. geprägt.


Die serbisch-orthodoxe Pfingstkirche (kroatisch Hram silaska Duha svetoga, serbisch Храм силаска Духа светога) wurde ursprünglich 1793 errichtet. Nachdem bei jugoslawischen Luftangriffen auf Vinkovici im September 1991 die katholische Kirche bombardiert worden war, wurde am nächsten Tag aus Rache von kroatischen Soldaten die serbische Kirche gesprengt. Die Fläche wurde als Parkplatz genutzt bis 2007 bis 2012 die Kirche nach altem Vorbild neugebaut wurde. Die Kirchenglocken waren 1991 verschwunden, wurden aber durch einen anonymen Hinweis in einem Versteck wiederaufgefunden und am neuerrichteten Kirchturm aufgehängt.


Straßenszene. Um das Jahr 800 siedelten sich slawische Einwandererinnen und Einwanderer neben den Ruinen der im 4.Jh. von germanischen Heeren zerstörten römischen Stadt an und gründeten das Dorf Sveti Ilija („St. Elias“), das im 13.Jh. erstmals als Vinko bzw. Vinkovci schriftlich erwähnt wurde. 1527 wurde die Siedlung im Rahmen der osmanischen Eroberung zerstört. Nach der habsburgischen Eroberung 1699 wurde die Bevölkerung der umliegenden Dörfer nach Vinkovci mehr oder weniger unfreiwillig umgesiedelt, um eine militärisch befestigte und mit genügend Menschen zur Verteidigung bevölkerte Stadt im Rahmen der sogenannten Militärgrenze zu schaffen. Das Stadtzentrum und die heutige Altstadt liegen innerhalb der einstigen Stadtmauern der antiken römischen Stadt.


Straßenszene. 1941 hatten hier 630 Jüdinnen und Juden gelebt. Der kroatische Polizeichef des mit Hitler verbündeten Ustaša-Kroatien ließ am 4. Mai 1942 alle jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner in Vinkovci verhaften. Die jüdischen Männer, Frauen und Kinder wurden in einem von deutschen Soldaten eingerichteten Sammellager auf den früheren Sportanlagen zusammengepfercht und von Männern aus der hiesigen deutschen Volksgruppe bewacht. Von hier aus wurden sie in die kroatischen KZ Jasenovac und Stara Gradiška deportiert, wo sie ermordet wurden. Zwischen 77.000 und 99.000 Menschen (hauptsächlich Serbinnen und Serben sowie Jüdinnen und Juden) wurden in Jasenovac v.a. mit Messern getötet. Der Rabbiner von Vinkovci Mavro Frankfurter wurde von deutschen Soldaten misshandelt, 1942 wurde er mit seiner Frau im kroatischen KZ Jasenovac umgebracht.


Das heutige Stadtgebiet ist schon seit der Jungsteinzeit (vor 7.000 Jahren) besiedelt. In der römischen Zeit entstand hier die Siedlung Cibalae. Nahe der Stadt fand im Jahr 314 die Schlacht bei Cibalae im römischen Bürgerkrieg der beiden Kaiser Konstantin und Licinius statt. In ihrem Kampf um die Alleinherrschaft ließen sie allein hier 20.000 Tote am 8. Oktober 314 zurück.


Die vorromanische Kirche in Meraja aus der Zeit um 1100 ist eines der wichtigsten mittelalterlichen Bauten. Die dem Sveti Ilija („St. Elias“) gewidmete Kirche wurde im 14./15.Jh. zur gotischen Kirche umgebaut und bis ins 18.Jh. genutzt, wobei bei der 1708 abgeschlossenen Erneuerung der in der osmanischen Zeit leerstehenden Kirche die gotischen Fenster teilweise zugemauert wurden. 1777 wurde die Kirche und ihr Umland Teil des Militärgebiets und daher aufgelassen. Bis in die Nachkriegszeit wurde das Gebäude u.a. als Lagerraum genutzt. Erst in den letzten Jahren wurde die historische Substanz saniert.


Denkmal für Franjo Tuđman, der die Unabhängigkeit Kroatiens und den jugoslawischen Bürgerkrieg vorantrieb und bis zu seinem Tod 1999 als erster demokratisch gewählter Staatspräsident des Landes ohne viel abweichende Meinung im Land zu erlauben regierte.


Wasser


Der Bahnhof kommt in einer Episode von Agatha Christies Kriminalroman Mord im Orient-Express aus dem Jahr 1934 vor: Auf der Fahrt zwischen Vinkovci und Brod muss der Zug anhalten, da die Strecke durch eine Schneeverwehung blockiert ist. Zu dieser Zeit wird ein amerikanischer Reisender durch zwölf Messerstiche ermordet. Keiner kann den Zug verlassen haben. Der Telegraf ist ausgefallen, die Polizei kann daher nicht benachrichtigt werden. Eine Flucht des Mörders ist auszuschließen, da im Schnee keine Spuren zu entdecken sind. Der Mörder muss also noch im Zug sein. Der als Passagier mitreisende belgische Detektiv Hercule Poirot befragt die Fahrgäste und löst den Fall. Im Bahnhof von Vinkovci nimmt die jugoslawische Polizei den Zug in Empfang.


Denkmal für im Krieg getötete Eisenbahner.

Sonntag, 19. Februar 2017

Siófok

19.2.2017

Im ungarischen Siófok am Plattensee, ungarisch Balaton, wurde ein Fußballspiel besucht. 25.000 Menschen leben hier.

Der Bahnhof wurde 1861 an der neuen Bahnlinie am Südufer des Balaton eröffnet Im 19.Jh. entwickelte sich mit dem Eisenbahnverkehr der Badetourismus.


Eine Grünfläche namens Millenium-Park vor dem Bahnhof


Im Pavillon sitzt eine Statue des Operettenkomponisten Emmerich Kálmán (ungarisch Kálmán Imre), der 1882 in Siófok als Imre Koppstein geboren wurde und die ersten zehn Jahre seines Lebens hier lebte.


Das als Museum eingerichtetes Haus der Familie Koppstein ist neben dem Bahnhof ist zu besichtigen. 1892 zog sie nach Budapest um, der Familienname wurde zu Kálmán magyarisiert. 1908 übersiedelte Emmerich Kálmán nach Wien und feierte große Erfolge als Komponist mit seinen Operetten (Die Csárdásfürstin, Gräfin Mariza oder Die Zirkusprinzessin). 1938 musste er als Jude vor der Verfolgung durch die Nazis flüchten. Er rettete sein Leben durch Flucht über Zürich nach Paris und dann weiter in die USA.


Eine Skulpturengruppe namens Mártírok szoborcsoport (Märtyrerstatue) des Bildhauers Imre Varga, die ursprünglich zu einem 1985 in Kaposvar aufgestellten Denkmal gehörte, das aber nach dem Fall des kommunistischen Regimes 1991 entfernt wurde. 1996 wurden die hier zu sehenden Teile (ohne Lenin etc.) hier aufgestellt.


Im Sommer ist hier Partyzone, Im Februar war es ruhiger.


Der Name der Stadt setzt sich aus den Namen des Flusses Sió und eines früheren Dorfes Fok zusammen. Die Sió-Schleuse verbindet über den Sió-Kanal den Plattensee mit der Donau. Die erste Schleuse wurde 1863 gebaut, da sich aufgrund des Baus der südlichen Eisenbahnlinie das Wasserniveau des Sees gesenkt hatte. Die aus den 1940er Jahren stammenden Haupteinrichtungen des Hafens sind die Wasserablasseinrichtung und Schiffschleuse.


Am Kanal.


Am See. Im Uferbereich war der Plattensee zugefroren.


An der Grenze zwischen Eis und Wasserlöchern schliefen Gruppen von Enten.


Siófok ist die größte Stadt am Plattensee.


Straßenszenen


Der 1912 errichtete historische Wasserturm im Zentrum der Stadt ist mit einer Höhe von 45 m das höchste Bauwerk der Stadt. Seit den 1990er Jahren dient er nicht mehr der Wasserversorgung der Stadt und wurde 2011 zum Aussichtsturm samt Lift ausgebaut.


Die barocke katholische Marienkirche aus dem 18.Jh


Die evangelische Kirche wurde 1992 eröffnet. Sie wurde im hässlichen Stil des Architekten Imre Makovecz errichtet.


Mit der Entwicklung Siófoks zum Fremdenverkehrsort und dem Wachstum der Stadt entstand im 19.Jh. auch eine jüdische Gemeinde. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Antisemitismus immer stärker. 1938 hielten deutsche Touristen eine judenfeindliche Demonstration in Siófok ab. Im Zuge der ungarischen Diskriminierungsgesetze wurden 1940 touristische Einrichtungen wie Ferienhäusern, die Jüdinnen oder Juden gehörten, vom Staat geraubt und unter andersgläubigen Einwohner verteilt. Nach dem Holocaust kehrten 72 jüdische Überlebende nach Siófok zurück und weihten 1947 die verwüstete Synagoge aus dem Jahr 1869 neu ein. Nachdem die jüdische Gemeinde aber immer kleiner geworden war, wurde die alte Synagoge in den 1980er Jahren abgerissen und 1986 die neue Synagoge errichtet, die nur im Sommer für Gottesdiente für Touristinnen und Touristen geöffnet ist.


2014 wurde ein Denkmal zur Erinnerung eingeweiht. Als im März 1944 die deutsche Wehrmacht in Ungarn einmarschierte, lebten noch etwa 300 Jüdinnen und Juden in Siófok. 80 von ihnen wurden noch im April in das KZ Mauthausen deportiert, weitere 85 zur Zwangsarbeit verpflichtet. 60 jüdische Männer aus Siófok kamen im Arbeitsdienst der ungarischen Armee ums Leben. Am 29. Juni 1944 verschleppte die ungarische Gendarmerie alle in der Stadt verbliebenen 197 Jüdinnen und Juden in das Ghetto von Veszprém, von wo aus sie über Sárvár nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Die meisten wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in der Gaskammer ermordet, darunter 34 Kinder.

Sonntag, 5. Februar 2017

Conegliano

5.2.2017

Im norditalienischen Conegliano (venezianisch Conejàn) im Veneto wurde ein Fußballspiel besucht. 35.000 Menschen leben hier.

Conegliano ist gemeinsam mit Valdobbiadene die Ursprungsregion des Schaumweins Prosecco und beherbergt eine traditionsreiche Weinbauschule.


Straßenszene. Die Stadtgründung geht auf reiche Venezianer zurück, die sich in der Hügellandschaft im Hinterland Venedigs im Mittelalter Sommerresidenzen errichteten.


Die Porta Dante, westliches Tor zur Contrada aus dem Jahr 1865. Das Tor wurde nach Dante Alighieri benannt, der auch abgebildet ist.


Die Contrada Granda ist der zwei Straßen und einen Platz umfassende Verlauf der Hauptstraße durch die Altstadt.


Die Scuola dei Battuti aus dem 16.Jh. steht an der Contrada Granda vor dem Dom. Außen ist sie von den gotischen Arkaden und den Fassadenfresken mit Bibelszene aus dem Jahr 1593 geprägt. Der Dom (Duomo di Santa Maria Annunziata e San Leonardo) ist hinter der Scuola dei Battuti versteckt, nur der Turm schaut hervor. Er wurde 1419 eingeweiht und ersetzte die alte Kathedralkirche aus dem 12.Jh., die sich unterhalb der Burg befunden hatte und heute nicht mehr existiert.


Zentraler Platz in der Contrada Granda ist die Piazza Cima. Das Spiel Dame wird in Conegliano besonders zelebriert. Im Juni findet hier jährlich die Dama Castellana statt, bei der Menschen in historischen Kostümen aus der Renaissance als Spielfiguren Dame spielen bzw. mit sich spielen lassen. Im September wird in Lokalen die Enodama gespielt. Bei diesem Dame-Spiel werden anstelle der Spielsteine mit Weißwein und Rotwein gefüllte Gläser benutzt.


Das 1869 eröffnete Akademietheater, Teatro Accademia, dominiert mit seiner neoklassischen Architektur die Piazza Cima.


Italien


Das Haus Monte di Pietà aus dem 16.Jh. ist mit seiner freskengeschmütckten Fassade eines der markantesten Palazzi an der Contrada Granda. Die ab 1525 entstandenen Fresken zeigen diverse Engel in religiöser christlicher Symbolik.


Einige weitere Fassaden sind freskengeschmückt, wobei der Erhaltungszustand oftmals leider bescheiden ist.


Die Porta Monticano, östliches Stadttor aus der Renaissance. Es wurde auch Porta Leone genannt, da es außen mit einem Fresko und innen mit einer Statue des venezianischen Herrschaftszeichens, des Markuslöwen, geschmückt ist.


Ein Wehrgang schützte einen Weg von der Stadt hinauf auf den Hügel zur Burg.


Die Burg (Castello di Conegliano) auf einem Hügel über der Stadt wurde ab dem 12.Jh. errichtet. Heute besteht davon im wesentlichen nur mehr der einstige Wachturm, da die verlassene Ruine im 18.Jh. zur Verwendung der Steine als Baumaterial für diverse Gebäude in der Stadt großteils abgerissen wurde. Im Turm ist heute ein Museum.


Die Chiesa di Sant'Orsola, Kirche der Heiligen Ursula, stammt im Kern aus dem 12.Jh. und steht am Standort der alten Kathedrale der Stadt, die größer war als die heutige Kirche. Die heutigen Kirchenansicht stammt aus dem 18.Jh.


Die Aussicht auf die Stadt wäre wohl besser, wenn es nicht regnen würde.


Der Neptunbrunnen, Fontana del Nettuno. Der älteste Teil des Brunnens mit einer Skulptur des römischen Meeresgotts Neptun stammt aus dem 14.Jh. Die Pferdeskulpturen, die vorn Pferd und hinten Fisch sind, wurden im 18.Jh. hinzugefügt. Der Brunnen hatte früher einen anderen Standort und wurde 1838 anlässlich eines Besuchs des österreichischen Kaisers Ferdinand in der damals zu seinem Reich gehörenden venetischen Stadt an seinen heutigen Standort versetzt. Eine Inschrift dazu hat sogar die Zeitläufte überdauert,


Um die heutige Via Pietro Caronelli befand sich bis Anfang des 19.Jh. das jüdische Ghetto. 1997 wurde eine Gedenktafel angebracht. Seit 1392 lebten Jüdinnen und Juden in der Stadt. 1479 hatte die jüdische Gemeinde von Conegliano eine erste eigene Synagoge und einen Friedhof. 1629 verbot der Stadtrat von Conegliano die Errichtung von neuen Häusern für Jüdinnen und und Juden und ab 1675 mussten sie in einem eigenen Wohnbezirk außerhalb der Stadtmauern, dem Ghetto, leben. Groß war die jüdische Gemeinde nie, die höchste Zahl sind 69 im Jahr 1766. Mit der französischen Besetzung und Beendigung der Republik Venedig 1797 wurden Jüdinnen und Juden gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger und konnten Ghetto und Wohnort verlassen. Im Verlauf des 19.Jh. verließen die meisten Conegliano und zogen nach Padua oder Venedig. Die 1701 errichtete Synagoge wurde zuletzt 1918 von der österreichisch-ungarischen Armee genutzt, als jüdische k.u.k. Soldaten darin im besetzten Venetien einen Gottesdienst feierten. 1952 wurde das Gebäude abgerissen und die Einrichtung nach Jerusalem gebracht und dort eine Synagoge der italienischen jüdischen Gemeinde damit ausstaffiert.