Dienstag, 27. Oktober 2015

Gars am Kamp

26.10.2015

Im niederösterreichischen Gars am Kamp wurde ein Fußballspiel besucht. 3.500 Menschen leben hier.

Die Burg Gars wurde im 11.Jh. errichtet. Der Babenberger Markgraf Leopold II. (1075–1095) verlegte seine Residenz von Melk nach Gars am Kamp, da hier näher dem Kriegsgebiet mit Böhmen war. Sein Sohn Leopold III. verlegte die österreichische Herrscherresidenz dann um 1100 von Gars nach Klosterneuburg. Die Garser Burg diente in den folgenden Jahrhunderten verschiedenen Adelsgeschlechtern als Herrschaftssitz und wurde aus- und umgebaut. Im 18.Jh. begann der Verfall. Brände richteten 1742, 1781 und 1809 große Schäden an. Der Brand von 1809 wurde von der Garser Bevölkerung gelegt, damit die anrückenden französischen Soldaten die Burg nicht besetzen konnten.


Im 16.Jh. wurde auf der Burg ein Renaissanceschloss errichtet.Um 1800 wurden aufgrund der Steuer auf Dachflächen die Dächer abgedeckt. Schloss und Burg verfielen nun endgültig zur Ruine.


Die Gertrudskirche auf einer Terrasse am südlichen Abhang des Burgberges ist ein im Kern romanischer Kirchenbau mit gotischen Ausbauten.


Die Garser Pfarrkirche wurde 1282 erstmals erwähnt. Nach einem Brand 1724 wurde die Kirche bis 1727 unter Verwendung älterer Teile barock neu errichtet


Erkerfigur am 1595 errichteten Pfarrhof


Straßenszenen


In der zweiten Hälfte des 19.Jh. entwickelte sich Gars am Kamp zu einer Sommerfrische-Destination für reiche Wienerinnen und Wiener. Gefördert wurde der Kamptaltourismus mit Gars als Hauptziel durch die 1889 eröffnete Kamptalbahn, durch die man bequem anreisen konnte. Sichtbar ist dies heute noch an großen Hotelbauten oder dem 1908 im Stil von Stadtparks angelegten Kurpark.


Falco war hier.


Kamp


Als traditionelle Sommerfrische verlor Gars in der Nachkriegszeit an Bedeutung. Neben der Entwicklung des Ferntourismus war die 1957 fertiggestellte Kamptalkraftwerkskette touristisch nachteilig: Seither ist der Flusslauf des Kamp hier im Sommer und damit in der Badesaison seichter, versandet und hat eine spürbar kühlere Wassertemperatur.


Das 1928 errichtete Kampbad mit historischen Kabinenbauten und Pavillon.


Ab 1935 betrieb das Garser sozialdemokratische Ehepaar Gisela und Isidor Wozniczak die Waldpension sowie das Kampbad. Sie beherbergten u.a. einige prominente Wiener Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Politische Äußerungen oder gar Betätigung im Sinne der Sozialdemokratie wurde seit dem Bürgerkrieg des Februar 1934 im austrofaschistischen Regime von Polizei und Gerichten verfolgt. Nach der Machtübernahme der Nazis wurde von der Marktgemeinde Gars die Anwesenheit von Jüdinnen und Juden im Ort amtlich für unerwünscht erklärt. Das Ehepaar Wozniczak missachtete die Umsetzung antisemitischer Diskriminierungsmaßnahmen, weswegen ihr von der Gemeinde das Bad weggenommen wurde. Isidor Wozniczak wurde von den Nazis wiederholt verhaftet und dienstverpflichtet. Aus dem Kerker in Wien kehrte er Ende März 1945 nach Gars zurück, wo er am 24. April 1945 erneut festgenommen und ins Gefängnis in Horn eingeliefert wurde. Dort wurde er am 2. Mai 1945 von Volkssturmmännern übernommen, von SS-Männern erschossen und seine Leiche verscharrt. Nach einjähriger Suche wurde sein Grab am 24. August 1946 entdeckt, sein Leichnam am 9. September 1946 exhumiert und am 15. September 1946 unter großer öffentlicher Anteilnahme in Gars am Kamp bestattet. Die Garser Villengasse, in der Wozniczak gelebt und gearbeitet hatte, wurde 1988 Wozniczakgasse benannt.

Sonntag, 25. Oktober 2015

Anif und Grödig

24.10.2015

In Anif bei Salzburg wurde ein Fußballspiel besucht. 4.000 Menschen leben in Anif.

Das Schloss Anif wurde spätestens im 16.Jh. als Wasserschloss errichtet. Es gehörte den Salzburger Erzbischöfen, ging dann mit der Angliederung Salzburgs an die Habsburgermonarchie 1806 in österreichischen Staatsbesitz über und wurde 1837 von den Grafen Arco-Stepperg gekauft. Diese ließen das Schloss zwischen 1838 und 1838 in neugotisch-romantisierenden Stil umgestalten.
Das Schloss diente als Kulisse mehrerer Hollywoodfilme und TV-Serien. Wichtiger ist seine Bedeutung in der bayerischen Geschichte: In das Schloss Anif floh der bayerische König Ludwig III. am 7. November 1918 vor der Revolution in München. Am 12. November, als in Wien auch gerade die Republik gegründet wurde, gab er hier eine Anifer Erklärung ab, in der er trotzig die Abdankung als König verweigerte, aber sich dennoch mit dem Ende der Monarchie abfand.


Straßenszenen. Die Gemeinde Anif spaltete sich erst 1894 von Grödig ab, da der Graf und die Anifer Bauern sich für etwas Besseres als die in den Grödiger Fabriken und im Steinbruch beschäftigten Arbeiterinnen und Arbeitern hielten.


Eine erste Kirche in Anif ist bereits im 9.Jh. erwähnt. Heutiger Turm und Kirchenraum (Chor) stammen wohl aus der Spätgotik (15.Jh.). 1883 wurde eine eigene Pfarre Anif gegründet und vom Grafen mit Grundbesitz ausgestattet.


Anifer Honoratioren


An der Grenze zwischen den Gemeinden Anif und Grödig erinnert der Lagerfriedhof Grödig oder Russenfriedhof Neu Anif an das riesige Lager Niederalm, das hier 1915 im Ersten Weltkrieg errichtet wurde. Hier waren in drei von hohem Stacheldraht umgebenen und von Soldaten bewachten Lagern 40.000 Menschen eingesperrt. Die Stadt Salzburg selbst hatte damals nur 35.000 Einwohnerinnen und Einwohner, weniger als hier im Lager vor den Toren der Stadt leben mussten. In zwei Lager waren gefangene Soldaten untergebracht, vor allem russische, serbische und italienische Soldaten. In einem dritten Lager sogenannte Evakuierte. Es waren Menschen, die vor dem Krieg und der russischen Armee im Osten geflohen waren oder von der österreichisch-ungarischen Armee zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen wurden. Zivil-Internierte nannte man Menschen, denen man gruppenweise pauschal mögliche Sympathien für Kriegsgegner unterstellte und darum massenhaft aus ihrer Heimat deportierte und fernab davon in Lager sperrte. Unter ihnen waren viele Kinder, die an den Strapazen zugrunde gingen und hier bestattet wurden. Jeder vierte Insasse des Lagers starb in Obhut des Kaisers: Die Menschen hungerten und gingen an Krankheiten zugrunde (Blattern, Ruhr, Cholera). Am 1. April 1918 brach im Lager ein Aufstand gegen die Lebensbedingungen aus, an dem sich 3.000 Lagerinsassen aus den Reihen der Zivilflüchtlinge beteiligten. Dieser wurde vom Militär mit Gewalt, aber ohne Tote unterdrückt. In den Jahren 1944/1945 wurden wiederum volksdeutsche Flüchtlinge aus dem Osten in den noch bestehenden Baracken untergebracht, die mit der zurückziehenden deutschen Wehrmacht vor Racheaktionen für die Naziverbrechen geflohen waren. In dieser Zeit erhielt die Barackensiedlung den Namen Schwabenlager. Am Lagerfriedhof wurden während der Nazizeit auch Zwangsarbeiter begraben.


Das ehemalige Leichenhaus des Friedhofs wurde später zu einem Wohnhaus umgebaut.

Sonntag, 18. Oktober 2015

Veľký Meder

17.10.2015

Im südwestslowakischen Veľký Meder, ungarisch Nagymegyer, wurde ein Fußballspiel besucht. 8.800 Menschen leben hier.

Die Stadt liegt im ungarischen Minderheitsgebiet der Slowakei, etwa 85% der Einwohnerinnen und Einwohner sind hier ungarisch. In der kommunistischen Tschechoslowakei erhielt die Stadt von 1948 bis 1990 den einheitlich slowakischen Namen Čalovo, da das slowakische Veľký Meder vom ungarischen Nagymegyer herstammte und die ungarischen Bezeichnungen durch slawische ersetzt wurden.


Straßenszenen


Die reformierte Kirche wurde 1784 im Barockstil errichtet. Der Turm wurde 1801 gebaut. 23% der Bevölkerung sind calvinistisch (reformiert).


Das Herrenhaus wurde in der zweiten Hälfte des 19.Jhs. als herrschaftliche Adelsresidenz errichtet.


Das älteste erhaltene Gebäude der Stadt ist ein strohgedecktes Landhaus aus dem Jahr 1836. Seit 1980 fungiert es als Museumshaus.


Die katholische Kirche geht auf das Jahr 1460 zurück, wurde aber 1900 in neoklassizstischem Stil neu errichtet. In den Religionskonflikten der Reformation im 16.Jh. war die Herrschaft über die Kirche zwischen katholischen und protestantischen Gläubigen heiß umstritten. Schließlich entschied 1713 die mit staatlicher Gewalt durchgesetzte katholische Gegenreformation die Frage. 58% sind hier heute katholisch.


Im 19.Jh. ließen sich Jüdinnen und Juden hier nieder und errichteten 1828 eine Synagoge. 1938 wurde die Südslowakei von Hitler an Ungarn angegliedert. Die hier lebende jüdische Bevölkerung wurde Opfer des Holocausts an den ungarischen Jüdinnen und Juden. Eine Denkmal erinnert an die 418 Menschen aus der Stadt, die im Juni 1944 zur Ermordung in das KZ Auschwitz deportiert wurden. Die verwüstete Synagoge wurde 1955 abgerissen.


Das Vertriebenen-Denkmal aus dem Jahr 1996 erinnert an die aus Veľký Meder / Nagymegyer nach dem Zweiten Weltkrieg zwangsumgesiedelten Familien. Am 16. und 17. Jänner 1947 wurden 539 Menschen aus 131 Familien mit staatlicher Gewalt nach Tschechien gebracht, um Gebiete, in denen die Sudetendeutschen vertrieben worden waren, neu zu bevölkern. Zwischen 12. Mai und 20. Oktober 1948 mussten dann 437 Menschen aus 90 Familien aufgrund einer Vereinbarung zwischen den beiden kommunistischen Führungen ihre Heimatstadt und die Tschechoslowakei Richtung Ungarn verlassen. Ziel der tschechoslowakischen Umsiedlungspolitik war, die ungarische Bevölkerung des Minderheitsgebiets zu verringern.


Während des Ersten Weltkriegs war hier von 1914 bis 1918 ein großes Kriegsgefangenenlager der Habsburgermonarchie. 20.000 Menschen waren hier eingesperrt, hauptsächlich serbische Soldaten. Sie wurden unzureichend versorgt, hungerten und starben an Seuchen. Wer vom Kaiserreich als guter alter Zeit träumt, mag sich solche Lager anschauen, wo man tausende Menschen verrecken ließ. Am serbischen Soldatenfriedhof sind hier 5.464 Tote begraben. Mehr als jeder vierte Gefangene ging hier elendiglich zugrunde. Der ab den 1960er Jahren vernachlässigte Friedhof wurde im Jahr 2004 renoviert.