Montag, 31. August 2015

Zeiselmauer

30.8.2015

Im niederösterreichischen Zeiselmauer wurde ein Fußballspiel besucht. In der gesamten Gemeinde Zeiselmauer-Wolfpassing leben 2.200 Menschen, in Zeiselmauer 1.400.

In Zeiselmauer ist nach Carnuntum am meisten antike römische Bausubstanz in Niederösterreich erhalten. Knapp vier Jahrhunderte lang, von ca. 80 bis ca. 460, war hier ein römischer Armeestützpunkt. Das Kastell Zeiselmauer war wahrscheinlich das antike Cannabiaca. Abwechsend waren hier Infanterie- oder Reitereinheiten stationiert. Das Kastell diente zur Verteidigung des Limes, der römischen Grenzbefestigungen an der Donau.


Ca. um das Jahr 80 wurde nach Standardplänen ein befestigtes Militärlager aus Holz und Erdwällen errichtet, das nach einem Brand im frühen 2.Jh. als massiver Steinbau neugebaut wurde. Die Anlage war quadratisch, an den Ecken überragten mächtigte Türme die Mauern. Um das Jahr 300 prägten bis zu 20 Türme einen imposanten Anblick der Festung.


Die antiken Überreste sind angeschrieben und werden gut erklärt.


Auf den Resten des römischen Fahnenheiligtums im Zentrum des Kastells wurde im 9.Jh. eine karolingische Saalkirche errichtet, die zu den frühesten Kirchenbauten Niederösterreichs gehört. Möglicherweise wurde das Gebäude der römischen Principia auch schon im 4.Jh. als Kirche genutzt, da die mittelalterliche Kirche exakt an ihrer Stelle errichtet wurde. Ihre Mauerreste sind unter der heutigen Pfarrkirche erhalten.


Um 370 war das Truppenkontingent bereits so sehr reduziert worden, zuletzt wahrscheinlich auf ein Zehntel der ursprünglichen Stärke, dass das Kastell für die Zivilbevölkerung geöffnet wurde. Aus dem Militärstützpunkt wurde eine befestigte Siedlung (Oppidum). Für das Heer wurde im Nordwesten des Areals ein eigenes Kleinkastell, der Burgus errichtet. Hier sind eine Mauerteile erhalten.


Replik eines Grabsteins aus dem 2.Jh., gewidmet Aelius Aemilius, der nach Ablauf seiner 25 Dienstjahre beim Heer weiter im Garnisonort lebte. Der von seiner Frau nach seinem Tod mit 65 Jahren gestiftete Grabstein stand an der Gräberstraße von Zeiselmauer.


Ende des 4.Jh. wurde auch das Osttor durch eine kleine Festung für das restliche römische Truppenkontingent ersetzt. Das Mauerwerk des Gebäudes ist bis zum Dach in seiner Substanz spätantik. Auf heutigem Bodenniveau ist der einstige Torbogen zu sehen. Der heutige Name „Körnerkasten“ weist darauf hin, warum der Bau so hervorragend erhalten ist: Er wurde vom Mittelalter hinweg bis ins 19.Jh. von der Passauer Grundherrschaft als Getreidespeicher benutzt.


Straßenszene. Nach der Zerstörung der römischen Anlage durch die germanischen Rugier um 460 wurde Zeilsemauer verlassen. Erst Ende des 8.Jh. lebten hier wieder regelmäßig Menschen. Im 9.Jh. wurden die römischen Bauten zur Errichtung eines Verwaltungszentrums des Passauer Stifts für die baierische Kolonisierung des Landes verwendet. Um 971 wird der Ortsname Zeizinmurus genannt. Aufgrund seiner mittelalterlichen Bedeutung als Passauer Herrschaftssitz wurde Zeiselmauer auch im Nibelungenlied erwähnt.

Samstag, 29. August 2015

St. Florian

28.8.2015

Im oberösterreichischen St. Florian wurde ein Fußballspiel besucht. 6.000 Menschen leben hier.

Das große Stift St. Florian dominiert den Ort. Die ersten schriftlichen Berichte über eine Klosteranlage stammen bereits aus der karolingischen Zeit um das Jahr 800. Seit 1071 residieren hier Augustiner-Chorherren. Der heutige überaus prachtvolle barocke Stiftsbau wurden zwischen 1686 und 1750 errichtet. Man sieht an Prunk und Größe allein von außen, wo damals Macht und Geld zuhause waren.


Auch der ehemalige Meierhof des Stifts ist eine große Anlage. Wo sonst, wenn nicht hier in St. Florian gibt es ein Feuerwehrmuseum (seit 1984). Das Stift St. Florian soll an der Stelle stehen, wo im Jahr 304 der christliche Heilige Florian begraben worden war. Der römische Offizier befehligte eine Feuerwehreinheit der Armee und wurde laut Überlieferung am 4. Mai 304 mit einem Stein um den Hals in den Fluss Enns geworfen, da er sich zur verbotenen christlichen Religion bekannt hatte. Aufgrund seiner Profession entwickelte er sich zur Symbolfigur der Brandbekämpfung.


Am Marktplatz


Das alte Feuerwehrgebäude. Man vertraut auch hier nicht auf das schon im Mittelalter gepflegte Gebet des Florianiprinzips „Heiliger Sankt Florian, verschon' mein Haus und zünd' andere an!“.


Straßenszene

Mittwoch, 26. August 2015

Lemberg

25.8.2015

Im ukrainischen Lemberg wurde ein Fußballspiel besucht. 730.000 Menschen leben hier.

Die vielen Jahrhunderte an multikultureller Geschichte der Stadt spiegeln sich in einer Vielzahl an geläufigen Bezeichnungen: Ukrainisch L'viv (Львів), polnisch Lwów, russisch Lvov (Львов), jiddisch לעמבערג (Lemberg) oder לעמבעריק (Lemberik). Nachdem 1256 der altrussische galizische Fürst Danilo Romanovič eine Burg für seinen Sohn Lev (altostslawisch für „Löwe“) errichten hatte lassen, erhielt die darum entstehende Stadt seinen Namen, der sich in allen Sprachen wiederfindet: Lemberg, „dem Löwen gehörend“.


Von 1349 bis 1772 gehörte Lemberg zu Polen. In ukrainischsprachiger Umgebung entwickelte sich die polnischsprachige Stadt zu einer der kulturell bedeutendsten polnischen Städte. Infolge der Aufteilung des polnischen Staats unter den Großmächten fiel Lemberg an die Habsburgermonarchie und wurde Hauptstadt des Kronlands Galizien. Es war nach Wien, Budapest und Prag die viertgrößte Stadt der Monarchie. 1900 war etwa die Hälfte der Stadtbevölkerung polnisch, ein Viertel jüdisch und ein Fünftel ukrainisch („ruthenisch“ hieß dies damals). Sprachlich gesehen dominierte polnisch, 86% sprachen polnisch als Umgangssprache.


Das aus den 1850er Jahren stammende Rathaus dominiert mit seinem Turm den Marktplatz (Rynok, Площа Ринок). Die Oberschicht und Staatsverwaltung Galiziens und Lembergs waren polnisch. Bereits in den letzten Jahrzehnten der Habsburgermonarchie gab es teils gewaltsame nationalistische Auseindersetzungen um die nationale Vorherrschaft. Denn Lemberg war nicht nur eine bedeutende polnische Stadt sondern auch ein Zentrum einer ukrainischen nationalen Wiedergeburt, die sich hier kulturell freier entfalten konnte als im zaristischen Russland.


Zum Ende des Ersten Weltkriegs wurde am 1. November 1918 in Lemberg eine Westukrainische Republik gegründet, ukrainische Soldaten der ehemaligen österreichischen Armee übernahmen die Kontrolle über die Stadt. Die polnische Mehrheit sah sich unterdrückt und wehrte sich. Nach einem Monat eroberten Truppen des neugründeten polnischen Staats die Stadt. Infolgedessen gab es am 21./22. November 1918 einen antisemitischen Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung, die für die polnische Seite als Sündenböcke für das viele Leid des Krieges und die ukrainische Herrschaft dienten. 64 Jüdinnen und Juden wurden umgebracht, viele weitere verletzt und ausgeraubt.


Am Masoch Café (Мазох café), in dem man sich wehtun lassen kann, steht eine Statue des 1836 in Lemberg geborenen Leopold Ritter von Sacher-Masoch. Er war zu seiner Zeit ein populärer Schriftsteller von Romanen und Novellen. Bekannt wurde Sacher-Masoch durch seine Kunst, sexuellen Lust an Schmerz und Unterwerfung ästhetisch zu formulieren. Daher wurde der Masochismus nach ihm benannt. Sacher-Masoch wehrte sich allerdings zeitlebens gegen diese Benennung.


Die katholische Lateinische Kathedrale Mariae Himmelfahrt (ukainisch Латинський кафедральний собор, polnisch Katedra Łacińska we Lwowie). Mit ihrem Bau wurde 1370 begonnen, 1405 wurde sie eingeweiht. Da hier der polnische König 1656 gelobte, die christliche Gottesmutter Maria als Herrscherin Polens zu verehren, wenn seine Soldaten ihm sein Königreich im Krieg gegen Schweden verteidigen könnten, hat die Kirche einen wichtigen Platz in der polnischen Nationalmythologie. Zwischen 1765 und 1772 wurde die Kathedrale barock umgebaut. Die Lateinische Kathedrale ist eine von nur zwei Lemberger Kirchen, die in der Sowjetunion nicht dem russisch-orthodoxen Moskauer Patriachat übergeben wurden. Der polnische Bischof Lembergs residierte in dieser Zeit aber jenseits der nahen Grenze in Polen.


Die Boim-Kapelle (ukrainisch Каплиця Боїмів Kaplyzja Bojimiw, polnisch Kaplica Boimów, wurde Anfang des 17.Jh. auf dem damaligen Friedhof neben der Kathedrale errichtet. Es war die Grabkapelle der Familie des aus Ungarn stammenden Georg (György) Boim, Kaufmann, Stadtrat von Lemberg und Sekretär des polnischen Königs Stephan Báthory. Der Friedhof wurde im 18. Jh. geschlossen. Die Kapelle mit kunstvoller Fassade wird der Kunst der Spätrenaissance mit niederländischen Einflüssen zugeordnet. Die Kapelle wurde bis ins 18. Jh. von der Familie Boim verwaltet, dann kam sie unter die Verwaltung der Kathedrale. 1945 wurde sie von den Sowjetbehörden geschlossen und verfiel zunächst. Seit 1969 ist sie ein Standort der Lemberger Gemäldegalerie.


Straßenszene


Die Lemberger Oper wurde zwischen 1897 und 1900 in historistischem Stil errichtet. Architektonisches Vorbild war die Wiener Staatsoper (damals Hofoper).


Das 1992 errichtete Denkmal des ukrainischen Nationaldichters Taras Schevtschenko samt der „Welle der nationalen Wiedergeburt“ (links). Der polnische Staat der Zwischenkriegszeit versuchte die polnische nationale Dominanz durch Unterdrückung der ukrainischen Minderheit und Zurückdrängung des Sprachgebrauchs auszubauen. Ukrainischsprachige Schulen wurden geschlossen. Nach dem deutschen Angriff auf Polen im September 1939 wurde Ostpolen samt Lemberg infolge des Hitler-Stalin-Pakts von der sowjetischen Armee besetzt. Nach der erneuten sowjetischen Inbesitznahme Lembergs 1944 wurde die polnische Mehrheitsbevölkerung im Rahmen der Westverschiebung Polens wie in anderen ehemals polnischen Ostgebieten vertrieben und in ehemals deutschsprachige Gebiete im heutigen Westpolen angesiedelt, aus denen die Deutschen vertrieben worden waren. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer wurden ihrerseits aus Polen zwangsumgesiedelt. Aus einem vorwiegend polnischen, multikulturell polnisch-jüdisch-ukrainischen Lemberg wurde nach der Ermordung der jüdischen Bevölkerung durch die Deutschen und der polnischen Vertreibung eine ukrainische Stadt.

Als Nachklang aus der polnischen Zeit gibt es das 1904 errichtete Denkmal des polnischen Nationaldichters Adam Mickiewicz.


Rest der Stadtmauer


Hier stand einst die Goldene-Rosen-Synagoge. Sie wurde 1582 errichtet und war die älteste jüdische Synagoge der Stadt. 1941 wurde sie verwüstet und 1943 abgerissen. Insgesamt wurden in Lemberg und der Lemberger Umgebung während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg 1941 bis 1944 ca. 540.000 Menschen in Konzentrations- und Gefangenenlagern umgebracht, davon 400.000 Jüdinnen und Juden, darunter ca. 130.000 aus Lemberg. Die restlichen 140.000 Ermordeten waren hauptsächlich russische und ukrainische Gefangene.

Gedenkstein für die 1844/45 errichtete und 1941 zerstörte einstige Tempel-Synagoge. Inschrift auf ukrainisch und englisch: „Dies ist die Stelle der Synagoge der Reformjuden, genannt Der Tempel, die der Intelligenzija Lembergs diente. Sie wurde zwischen 1844-1845 erbaut und von deutschen Soldaten zerstört, als diese in Lvov im Juli 1941 eindrangen.“ Am 8. November 1941 richteten die deutschen Besatzer ein jüdisches Ghetto ein, in das alle Jüdinnen und Juden Lembergs und weitere jüdische Flüchtlinge, die sich in der Stadt befanden, gesperrt wurden. Fast 5.000 Ältere und Kranke wurden bei der Zwangsumsiedlung ins Ghetto erschossen. Hier waren zeitweise bis zu 160.000 Menschen interniert. Mit dem 14. März 1942 begannen die Razzien zur Deportation der Menschen ins Vernichtungslager Belzec. In zwei Massakern in der Piaski-Schlucht erschossen die deutschen SS-Truppen einmal 7.000 und einmal 3.000 Menschen.


Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 gab es am 25. und 26. Juni 1941 einen Aufstand ukrainischer Nationalisten, die in den Deutschen Befreier von der Sowjetherrschaft sahen. Viele von ihnen wurden in den Lemberger Gefängnissen inhaftiert. Aufgrund des raschen Vormarsches der deutschen Truppen brachte der sowjetische NKWD dort 4.000 politische Häftlinge um. Nach der deutschen Besetzung der Stadt am 30. Juni wurde die Ermordeten öffentlich ausgestellt, vom Wehrmachtskommandanten den „jüdischen Bolschewisten“ die Schuld an den Toten gegeben. Mit Hilfe der deutschen Wehrmacht ermordeten die ukrainisch-nationalistische Miliz OUN und andere daraufhin am 30. Juni und 1. Juli 1941 willkürlich 2.000 jüdische Lembergerinnen und Lemberger in den Straßen der Stadt. Daneben erschoss die deutsche SS am Stadtrand 3.000 weitere in einem planmäßigen Massaker.


Denkmal für Stepan Bandera, der mit seiner ukrainisch-nationalistischen OUN in den 1930er und 1940er Jahren die polnische und die sowjetische Herrschaft über die Westukraine gewaltsam bekämpfte. Im Zweiten Weltkrieg brachten seine Leute 1941 in den Straßen von Lemberg tausende Jüdinnen und Juden um. 1942/43 bekämpften sie zwischenzeitlich die deutschen Soldaten, nachdem Bandera verhaftet worden war, da seine Ausrufung eines ukrainischen Staats kein Teil der deutschen Pläne war. 1944 wurde Bandera von den Nazis freigelassen, um auf deutscher Seite gegen die sowjetische Armee zu kämpfen. Dazu kam es aufgrund des Kriegsverlaufs nicht mehr. 1969 wurde er in München vom KGB ermordet. In der Westukraine wird er als Freiheitsheld gefeiert, anderswo als Massenmörder und Nazi-Kollaborateur gesehen.


Die St.-Georgs-Kathedrale (Собор святого Юра) der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche. Die heutige Kirche wurde zwischen 1744 und 1772 an der Stelle einer 1363–1437 erbauten gotischen Kirche errichtet. Die griechisch-katholische Kirche entstand 1593, als vorerst neun orthodoxe Bischöfe sich unter Beibehaltung des orthodoxen Ritus dem katholischen Papst unterstellten. Die Initiative dazu war vom polnischen König Sigismund III. ausgegangen, der eine religiöse Vereinheitlichung seines Landes wollte.

Der Hauptbahnhof (Lwiwskyj salisnytschnyj woksal, Львівський залізничний вокзал) wurde 1904 eröffnet. Im Zweiten Weltkrieg wurde er schwer beschädigt, aber zwischen 1949 und 1953 wurde das prächtige Gebäude wiederhergestellt.


Straßenszene