Samstag, 27. Juli 2013

Traun

26.7.2013

In der oberösterreichischen Stadt Traun wurde vorbeigeschaut, um ein Fußballspiel zu besuchen. Zuvor wurde eine kleine Besichtigungstour unternommen.

Nur rund um die 1890 eingeweihte neugotische katholische Pfarrkirche gibt es so etwas wie ein kleines Altstadtzentrum. Heute leben in Traun rund 24.000 Menschen. Doch dies ist eine junge Entwicklung. Die Bevölkerung von Traun hat sich in der Mitte des 20.Jh. vervierfacht. 1939 lebten hier vor Kriegsbeginn 5.985 Menschen, 1951 waren es v.a. durch Ansiedlung von volksdeutschen Kriegsvertriebenen aus Ostmitteleuropa mit 9.655 fast doppelt so viele, durch den Babyboom der Nachkriegszeit und Zuwanderung verdoppelte sich die Bevölkerung dann nochmals bis 1971 auf 21.215. 1973 wurde das damals größte Dorf Österreichs dann zur Stadt erhoben.


Anfang des 12.Jh. wurde hier eine Burg errichtet. Die ursprüngliche Burganlage mit Eingangstor ist heute noch als Vorburg und mit einem Turm zu sehen. Das Herrenhaus wurde in der Renaissance in der zweiten Hälfte des 16.Jh. errichtet, die barocke Fassade sammt aus dem Jahr 1725.





Der größte Stadtfriedhof von Linz befindet sich interessanterweise nicht in Linz, sondern in Traun. Er wurde in großen Dimensionen zur NS-Zeit angelegt und war Teil von deren Plan zum Ausbau von Linz zu einer Großstadt.
Hier die Gräberfelder von KZ-Opfern und Kriegstoten.


Das 1948 errichtete Denkmal für die Opfer des Zweiten Weltkrieges am Ende des Gräberfeldes. Es erinnert an eine Zikkurat. Am Hügel steht ein Steinblock mit der Inschrift Den Opfern einer leidvollen Zeit vorne und der lateinischen Entsprechung cruente tempore inmerito caesis auf der Rückseite.


Verwitterter Gedenkstein für die KZ-Opfer. Insgesamt wurden 1.399 KZ-Opfer hier begraben. Die meisten der KZ-Häftlinge starben in Linz nach ihrer Befreiung auf Grund von Erschöpfung, Hunger oder den gesundheitlichen Schädigungen durch die Haft. Weiters sind seit 1948 hier 33 Personen, die im „Lager 60“ in Hörsching verstarben, bestattet.


Die Namen von 432 hier begrabenen zivilen Toten der Bombardierungen von Linz im Zweiten Weltkrieg sind auf zehn Gedenktafeln zu lesen. Sie wurden ebenso wie danebenliegenden KZ-Opfer nach Kriegsende bestattet, letztere blieben aber bis 2008 namenlos. Von 2005 bis 2008 wurden dann 403 Namen von KZ-Opfern recheriert und auf ebenfalls zehn Gedenktafeln am Boden angebracht. Eine elfte Tafel erinnert an die namentlich unbekannten Opfer des NS-Terrors. Den Opfern nationalsozialistischer Konzentrationslager / Die Stadt Linz.


Gedenktafel der Gedenkstätte für die Linzer Bombenopfer, gemeinsam mit den Namenstafeln 1957 errichtet.


1948 wurden hier 890 sowjetische Kriegstote begraben, die von anderen oberösterreichischen Friedhöfen hierher gebracht wurden. Das Denkmal für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen sowjetischen Soldaten besteht aus der Granitplatte und vier Obelisken bei den Gräbern, auf denen Daten aus dem Verlauf des Zweiten Weltkrieges stehen.



1966 wurde ein Sondergrabfeld für Flüchtlinge des Zweiten Weltkriegs eingeweiht und ein Denkmal für die Toten der volksdeutschen Heimatvertriebenen errichtet, die von den NS-Behörden aus Ostmitteleuropa ausgesiedelt wurden, im Krieg schließlich fliehen mußten oder nach Kriegsende vertrieben wurden.


Februardenkmal. Denkmal für die Toten des 12. Februar 1934. Ein halbrunder Platz mit Gedenkstein der SPÖ in der Mitte, umgeben von Steinsäulen, zwei davon mit Metallfiguren verziert.


Donnerstag, 25. Juli 2013

Datum 6/2013 und 7-8/2013


Datum
6/2013
98 S.



Datum
7-8/2013
114 S.



Eine interessante Geschichte über eine unbekannte Organisation, die mittels österreichischer Visa jedes Jahr tausende Angehörige religiöser Minderheiten aus dem Iran in die USA emigrieren läßt, bietet das Juni-Heft.

Mit der Juli/August-Ausgabe schaut das Datum jetzt etwas anders aus und hat das Format ein wenig geändert (kleiner und breiter). Eine inhaltliche Neuerung stimmt leider traurig, da sie auf Sicht zur Stornierung des Abonnements führen könnte. Michael Fleischhacker beginnt in dieser Ausgabe eine Reihe von Streitgesprächen unter dem sinnigen Titel Wollen Sie mir mir streiten? Leider bestätigt er bereits in der Premiere die Vorbehalte, die aus den Jahren seiner Presse-Leitartikel herrühren. Nicht die Debatte sondern der Streit steht im Vordergrund, nicht das Argument sondern das Einnehmen von Gegenpositionen aus moralischer Selbstgewißheit. Fleischhackers Furor des Ausmachens von „Lauter Trotteln“, wie dies Armin Wolf im Streigespräch nennt, erfüllt nicht das Kriterium anregender Lektüre.
Ein bedeutendes Argument für die Beibehaltung des Abos ist der Artikel von Erwin Koch über einen Argentinier und die Schwierigkeit des Umgangs mit seiner Lebensgeschichte. Er wurde als Baby seinen gefolterten und ermordeten leiblichen Eltern geraubt, an Klienten der Militärdiktatur übergeben und von ihnen als ihr Sohn aufgezogen. Historisch spannend, emotional berührend.

Montag, 22. Juli 2013

Svitavy

21.7.2013

Im mährischen Svitavy (deutsch Zwittau) wurde ein Fußballspiel besucht und anschließend noch ein wenig die Stadt besichtigt. Rund 17.300 Menschen leben hier heute.

Der schöne langgezogene Marktplatz in der Altstadt, Náměstí Míru („Friedensplatz“), umgeben mit barocken und klassizistischen Bürgerhäusern.


Als Teil einer Sprachinsel war die Stadt bis nach dem Zweiten Weltkrieg überwiegend deutschsprachig (88% 1930). Davon erzählen noch einige Gebäude wie her ein Haustor unter den Arkaden mit Inschrift „Gäststätte / Josef / Marianne / Bergmann“.


Das Alte Rathaus (Stará radnice) mit Turm. Nach einem Brand wurde es 1781 wiederaufgebaut und diente bis 1933 als Rathaus. Eine Spielerei der Orientverliebtheit des 18./19.Jh. ist ein türkischer Halbmond mit Stern an der Turmspitze.




Das Ottendorfer-Haus Ottendorferův dům) wurde 1892 als Bibliotheksgebäude eröffnet. Es wurde von Valentin Oswald Ottendorfer gestiftet, der als Revolutionär der Revolution von 1848 Österreich verlassen mußte, in den USA dann heimisch und als Verleger nach Heirat reich wurde. In seiner Heimatstadt war er danach als sozialer Wohltäter aktiv. Mit seinem Geld wurden ein Spital, ein Armenhaus, ein Waisenhaus und eben die Bibliothek errichtet. Sie verlor nach der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung ihre Funktion. Das Haus fungierte in der kommunistischen Tschechoslowakei als Kulturhaus, seit 2008 ist hier ein Esperanto-Verein untergebracht.



Die historistische Villa Langer (Langerová vila) wurde 1892 erbaut und gehörte einer der reichsten Familien Svitavys. Nach finanziellen Krisen wurde das Haus 1933 vermietet und 1942 an die Stadt verkauft, die es seither als Rathaus nutzt.


Das 1994 aufgestellte Denkmal für den hier geborenen Oskar Schindler. In seiner Heimatstadt war er bis 1938 ein aktiver Nazi. Nach Kriegsbeginn reüssierte er im besetzten Polen als Kriegsgewinnler. Er erlebte allerdings einen Wandlungsprozess und rettete in Krakau 1.200 Menschen das Leben, die sonst als Jüdinnen und Juden ermordet worden wären.



Der jüdische Friedhof wurde 1892 eröffnet, damals samt einer Leichenhalle und umgeben von einer Mauer. Unter der Naziherrschaft wurden die mehr als 160 hier lebenden Jüdinnen und Juden Opfer des Holocausts. Die Bauwerke des Friedhofs wurden abgerissen, die Grabstätte verwüstet und verfiel auch nach 1945. Heute sind nur mehr wenige Grabsteine, zumeist die Sockel, erhalten. 2001 und 2002 wurde der Friedhof renoviert und 2003 ein Denkmal an die in den KZs ermordeten Menschen aufgestellt.



Grabstein einer 1900 verstorbenen Frau Julie Spitz.

Sonntag, 21. Juli 2013

Lagerstadt Wolfsberg

Wolfsberg, 20.7.2013

Lagerstadt Wolfsberg
Flüchtlinge 1914−1917 / Gefangene 1939−1945 / Internierte 1945−1948
Museum im Lavanthaus und Stadtgalerie Wolfsberg
Ausstellung
8. Juni − 27. Oktober 2013


Vor dem Fußballspielbesuch wurde das Museum der Stadt Wolfsberg besucht, um eine interessante Ausstellung zur Geschichte der Kärntner Stadt Wolfsberg im 20.Jh. zu sehen. Eine kleine Stadtbesichtigung von Wolfsberg war bereits im Frühjahr absolviert worden.

Im Lavanttaler Regionalmuseum beginnt die auf zwei Standorte aufgeteilte Ausstellung.


Im Ersten Weltkrieg wurde bald nach Kriegsbeginn 1914 ein Barackenlager für kriegsvertriebene ukrainische (im Sprachgebrach des Habsburgerreichs ruthenisch genannt) Flüchtlinge aus Galizien auf einem ehemaligen Militärexerzierplatz errichtet. Vor allem Frauen und Kinder lebten hier bis 1917, bis zu 7.500 Menschen (1915). Im Sommer arbeiteten sie in der Umgebung in der Landwirtschaft, in den Wintermonaten waren sie dicht gedrängt im Lager. Typhus und Cholera brachen aus, die Lebensmittelversorgung war teilweise sehr schlecht. Von den 900 Menschen, die im Lager starben waren zwei Drittel Kinder.


Der Ausstellungsteil über das Ruthenenlager.


Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde 1939 ein neues Lager in Wolfsberg errichtet, in dem die deutsche Wehrmacht bis zu 25.000 Kriegsgefangene einsperrte. 1942 kam eine Delegation des Naturhistorischen Museums aus Wien und filmte die Gefangenen, um sie Naziideologie entsprechend rassistisch klassifizieren zu können.


Der Lageralltag der Kriegsgefangenen aus westlichen Ländern war von Arbeit und dem Eingesperrtsein geprägt, ermöglichte aber auch Abwechslung. Hier eine Bildpostkarte eines Fußballspiels französischer Kriegsgefangener gegen eine Mannschaft aus St. Stefan im Lavanttal (1:1).


Die sowjetischen Kriegsgefangenen galten den Nazis als minderwertige Menschen, daher wurde für sie ein eigenes minderwertiges Brot aus landwirtschaftlichen Abfällen angefertigt, das sogenannte Russenbrot. Es bestand zu 50% aus Roggenschrot, 20% Zuckerrübenschnitzel, 20% Zellmehl und 10% zermahlenes Stroh oder Laub (!). Die damit Ernährten waren bald nicht mehr arbeitsfähig, sodaß man dies im Herbst 1942 wieder aufgab. Von den sowjetischen Soldaten kamen in deutscher Gefangenschaft zwei Drittel um (von den deutschen in Sibirien ein Drittel). Diejenigen, die nicht direkt nach Gefangennahme als Juden oder politische Offiziere erschossen wurden oder in den KZs ermordet wurden, verhungerten zumeist.


Der Ausstellungsteil über das Kriegsgefangenenlager im Zweiten Weltkrieg ist der größte und materialreichste Teil.


Auch die britischen Kriegsgefangenen hatten es besser als die sowjetischen und konnten sich Freizeitaktivitäten widmen. Hier spielten sie nach wochenlanger Vorbereitung Cäsar und Cleopatra nach.


Der letzte Teil der Ausstellung ist in der Stadtgalerie im ehemalige Minoritenkloster in der Altstadt.


Hier geht es um das unter britischer Verwaltung geführte Internierungslager für Nazis, das von 1945 bis 1948 in Wolfsberg bestand. Bis zu 7.000 NS-Funktionäre und mutmaßliche Kriegsverbrecher wurden interniert. Teilweise kamen sie später dann vor Gericht oder wurden nach ein paar Monaten freigelassen.


Die Haftbedingungen waren kein Vergleich mit der Zeit zuvor, hier zum Zeitvertreib angefertigte Kunstwerke der Gefangenen. Reeducation oder politische Bildung erfolgte im Lager nicht, sodaß die Gefangenen dort eher noch in ihrer Naziideologie gefestigt wurden und sich als Opfer sahen. Die interne Organisation wurde von der britischen Besatzungsmacht den Gefangenen überlassen, sodaß eine NS-ähnliche Struktur unter einem Lagerführer herrschte.


Anschließend an die Ausstellung wurde ein wenig zu den Schauplätzen spaziert. Die Barackenlager bestehen nicht mehr. An das Flüchtlingslager des Ersten Weltkriegs erinnert der kleine Ruthenenweg in einer Einfamilienhaussiedlung. Die dortigen Baracken waren bereits 1917 abgebaut und verlegt worden. Die Baracken der Jahre 1939 bis 1947 dienten bis in die 1960er Jahre als Sozialwohnungen und bestehen heute ebenfalls nicht mehr


Der Friedhof auf einem Bergrücken in St. Johann war bereits der Lagerfriedhof des Ruthenenlagers im Ersten Weltkrieg. Im Zweiten Weltkrieg wurde er für das Kriegsgefangenenlager genutzt, vor allem für die zahlreichen sowjetischen Toten.


Im November 1941 kamen 1.749 sowjetische Gefangene in Wolfsberg an, nach einer Typhusepidemie lebten im Jänner 1942 davon nur mehr 493. Täglich mehrmals wurden die Leichen hierher gebracht. Es könnten insgesamt zwischen 1.000 und 2.000 Tote jener wenigen Jahre hier begraben worden sein.


Denkmal für vier polnische Kriegsgefangene

Samstag, 20. Juli 2013

Neudörfl

19.7.2013

Das nordburgenländischen Neudörfl wurde aus Anlaß eines Fußballspiels besucht.

Neudörfl liegt am Fluß Leitha, der hier gleich hinter Wiener Neustadt ein Jahrtausend lang die Grenze zwischen Österreich und Ungarn bildete und heute die niederösterreichisch-burgenländische Landesgrenze ist. 1994 wurde das alte Grenzwächterhaus, in dem die ungarischen Zöllner einst ihren Dienst versahen, wiedererrichtet.


Die Hofleithamühl ist ein 1650 erbauter und im 18.Jh. erweiterter herrschaftlicher Bau der Fürsten Esterházy, deren Wappen über dem Portal prangt. Im 19.Jh. wurde das Haus als Leithagasthof betrieben. 1874 fand hier im Saal im ersten Stock der erste Versuch einer Gründung einer Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich statt. Nachdem die Versammlung am ursprünglich geplanten Tagungsort Baden verboten worden war, war bereits vorausschauend hier im vor den cisleithanischen Behörden sicheren ungarischen Grenzort ein Ausweichquartier reserviert worden. Unter dem Druck der polizeilichen Verfolgung politischer Aktivitäten von Arbeiterinnen und Arbeitern sowie schwerwiegendem internen Streit scheiterte die Parteigründung.




In Neudörfl befand sich ein Lager für die weiter über den Bahnhof Strasshof zur Ermordung in KZ deportierten Jüdinnen und Juden. 1944/45 wurde hier auch ein Infektionsspital für die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingerichtet, die an der burgenländisch-ungarischen Grenze zu zehntausenden Verteidigungsstellungen gegen die sowjetische Armee bauen mußten. Sie starben an den unmenschlichen Bedingungen der Zwangsarbeit oder wurden beim Abzug brutal ermordet. Im nahen Lager Felixdorf starben sie in Massen an einer Fleckfieberepidemie. Am Friedhof in Neudörfl wurden 23 ungarische Deportierte in einem Massengrab begraben, davon 17 Jüdinnen und Juden, mehrheitlich Frauen. Eine 2006 errichtete Gedenktafel erinnert an die zivilen Opfer Neudörfls im Zweiten Weltkrieg, an die ermordeten Widerstandskämpfer, Roma, Behinderten, Jüdinnen und Juden und die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.


1965 verlangte die Gemeinde Neudörfl von der Israelitischen Kulturgemeinde die Exhumierung und Auflösung des Grabes, um hier eine Leichenhalle bauen zu können. Diese Forderung verstieß zwar gegen das Kriegsgräberfürsorgegesetzt, es gab aber eine Einigung und 1966 wurden die Toten am jüdischen Friedhof in Eisenstadt erneut bestattet.


Am Friedhof befinden sich unter einer Baumreihe viele Armengräber.


Die katholische Pfarrkirche Neudörfls aus dem 18.Jh., davor das bereits sehr früh, 1919/20, errichtete Kriegerdenkmal.


Gegenüber der Kirche steht auf der Hauptstraße eine große Oscarstatue, etwas verfremdet mit Zigarette im Mundwinkel und Weinflasche unter dem Arm.