Dienstag, 26. März 2013

Grosseto

23.3.2013

Die Stadt Grosseto war die erste Station eines Wochenendes in der Toskana, das anderntags dann nach Livorno und Empoli führte. Nach Erkundungsspaziergängen durch Grosseto wurde am Abend ein Fußballspiel besucht. Rund 82.000 Menschen leben hier.

Die Cattedrale di San Lorenzo. Der gotische Bau wurde 1294 anstelle einer älteren Vorgängerkirche begonnen, aber erst im 15.Jh. fertiggestellt (hauptsächlich aufgrund der Kriege). Die hier so charakteristische zweifärbige Marmorfassade stammt aus den Renovierungen des 16. und 19. Jahrhunderts. Der Turm wurde 1402 fertiggestellt (Renovierung 1911).


Gleich neben dem Dom liegt der Palazzo Aldobrandeschi. Das neogotische Gebäude aus dem Jahr 1900 ist heute der Sitz der Provinzregierung. Hier stand einst die Stadtburg der über Grosseto herrschenden Familie Aldobrandeschi.


Der Hauptplatz Piazza Dante mit Dom und Palazzo sowie arkadengeschmückten Altstadthäusern.



Inmitten der Piazza Dante steht nicht etwa ein Standbild von Dante, sondern eine Statue, die den Habsburger Leopold II. zeigt. Unter ihm als Großherzog der Toskana begann im 19.Jh. die Trockenlegung der Sümpfe der Maremma. Dies nutzte der landwirtschaftlichen Entwicklung, aber befreite die Bevölkerung vor allem von der Malaria. Leopold tritt mit seinem rechten Fuß auf den Kopf einer Schlange, welche die Malaria darstellt. Aufgrund der Malariaplage lebten in Grosseto 1745 nur mehr 648 Menschen, 1836 waren es schon wieder 2.392. Erst in den 1950er Jahren befreite das problematische Insektenvertilgungsmittel DDT schließlich die Menschen endgültig von der Malaria. Grosseto wuchs seither um das Vierfache.


Die historische Altstadt ist von Stadtmauern aus den Jahren 1574 bis 1593 umgeben, damals herrschten hier die Medici-Großherzöge.


Mehrere Bastionen liegen an den Mauern. Am hervorstechendsten ist die Burg mit dem Cassero Senese, einem 1345 fertiggestellten Turm und Stadttor der damaligen Stadtbefestigung aus der Zeit der Herrschaft von Siena über Grosseto.



Auf der Stadtmauer läßt sich spazieren.


Blick von der Mauer in die Stadt


Die unverkennbar aus faschistischer Zeit stammenden Gebäude der Post (1932, links) und des Palazzo del Governo (1928, rechts) an der Piazza Fratelli Roselli.

Empoli

24.3.2013

Rund 48.000 Menschen leben in der Stadt Empoli zwischen Livorno und Florenz. Ein kleiner Spaziergang, bevor es zum Fußball ging.

Die Piazza Farinata degli Uberti mit der Kirche Collegiata di Sant'Andrea im Hintergrund. Die Kirche wurde im 11.Jh. anstelle eines Vorgängers aus dem 5.Jh. errichtet. Die Fassadengestaltung mit in zweifarbigem Marmor angedeuteten Arkaden stammt aus dem 12. Jh., umgestaltet und erweitert im 18.Jh.


Die Piazza Farinata degli Uberti, benannt nach Farinata degli Uberti, der in einer hier am Platz im Palazzo Ghibellino tagenden Konferenz der Ghibellinen nach der Schlacht von Montaperti 1260 den Ausschlag gab, die Stadt Florenz nicht zu zerstören.


Einkaufsstraßen in den kleinen Altstadtgassen rund um die Piazza


Die Chiesa della Madonna del Pozzo aus dem Jahr 1631. Die Kirche ist das Achteck rechts im Hintergrund, davor eine Art Vorhalle. Der Kirchturm kam 1792 hinzu.


Die an den Sieg im Ersten Weltkrieg erinnernde Piazza della Vittoria mit Siegesdenkmal aus faschistischer Zeit von 1925.

Livorno

23./24.3.2013

In Livorno gab es ein Fußballspiel und dazu Stadtspaziergänge.

Blick von der Piazza della Repubblica, die 1840 als Brückenkonstruktion über den Kanal gebaut wurde. Auf ihr wurden damals Statuen zweier Großherzöge der Toskana in antikem Ornat aufgestellt, hier im Vordergrund das 1855 eingeweihte Standbild des Habsburgers Leopold II.


Italien!


Die Altstadt ist von den Kanälen des Fosso Reale umgeben, das dem Stadtviertel an den Wasserläufen die Bezeichnung Venezia Nuova einbrachte.


Inmitten der Kanäle liegt auf einer Insel die zwischen 1590 und 1600 errichtete Fortezza Nuova. Ab 1571 wurden Hafen und Stadt Livorno unter den Medici-Fürsten planmäßig ausgebaut.



Das 1840 fertiggestellte klassizistische Stadttor Porta San Marco mit Markuslöwen und einem Teil der Stadtmauer des 19.Jh. Hier fanden bei der Wiedereroberung der Stadt durch österreichische Truppen im Zuge der italienischen Revolutions-, Vereinigungs- und Unabhängigkeitskriege 1849 heftige Kämpfe statt. Eine Gedenktafel erinnert an die auf Seiten der Verteidigung Livornos getöteten Soldaten.



Einen interessanten Anblick bietet die barocke Chiesa di Santa Caterina aus dem Jahr 1720, mit ihrem achteckigen Aufbau über einem unverkleideten rechteckigen Unterbau.



Das klassizistische Gebäude Cisternino di città, 1837 in Betrieb genommen aber erst 1848 fertiggebaut. Ursprünglich war der Bau nämlich von Häusern eng umgeben, nach deren Abriß in den 1840er Jahren wurden die Apsis und die Loggia als architektonischer Fassadenschmuck hinzugefügt.


Etwas weiter draußen, damals außerhalb der Stadt, steht die zwischen 1829 und 1842 erbaute La Gran Conserva oder Il Cisternone. Die Cisternoni waren die Endpunkte des unter Großherzog Leopold II. begonnenen Jahrhundertprojekts der Entwässerung der Sümpfe. Das Wasser wurde ausgetüftelt gereinigt und kam schließlich zur Wasserversorgung der Stadt hier an.


Die in den 1950er Jahren anstelle des hier im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstörtem Vorgängers aus dem Jahr 1603 errichtete neue Synagoge. Um die Bevölkerung Livornos zu vergrößern und damit seinen wichtigen Hafen besser zu verteidigen, erließen die Medici-Fürsten viele Freiheiten, die neben unterschiedlichen christlichen Konfessionen auch viele Jüdinnen und Juden in die Stadt brachte, die hier frei und ohne Ghetto leben konnten.


Die Fortezza Vecchia, in den Jahren 1521 bis 1534 zur Verteidigung des Hafens errichtet. Im Zentrum steht der 1077 (!) auf römischen Fundamenten errichtete Wachtturm Mastio di Matilde. 1943 wurde die alte Festung bei den Luftangriffen auf den Hafen schwer beschädigt.



Weiterer Blick über die Kanäle. Aufgrund der Bedeutung des Hafens war die Stadt im Zweiten Weltkrieg ein wichtiges Kriegsziel und erlebte zahlreiche Bombardements, bei denen der Hauptteil der Altstadt zerstört wurde und verloren ging. Von der einstigen Renaissancestadt ist wenig über.


Die 1894 erbaute Markthalle Mercato Centrale, natürlich am Kanal und mit Zugang für Lieferungen vom Wasser aus.


Die 1864 eingeweihte neogotische Chiesa degli Olandesi, Hinweis auf die ehemals zahlreiche deutsch-holländische Gemeinde in der damals multikulturellen Hafenstadt.


Am Hafen liegen große Fähren, etwa nach Korsika oder Sardinien.


Blick aufs Meer von der 1928 angelegten Promenade Terrazza Mascagni (in faschistischer Zeit als Terrazza Ciano erbaut)

Montag, 18. März 2013

Karviná

17.3.2013

Im äußersten Nordosten Tschechiens liegt an der polnischen Grenze im oberschlesischen Steinkohlerevier die Industriestadt Karviná (deutsch Karwin, polnisch Karwina). Eine kleine Stadtbesichtigung stand an, bevor es zu einem Fußballmatch ging.
Es leben hier rund 65.000 Menschen, davon gehören nur mehr rund 8 Prozent zur polnischen Minderheit. Die heutige Stadt entstand während der deutschen Besatzung 1944 aus einer 1948 bestätigten Zusammenlegung der alten Stadt Fryštát (deutsch Freistadt, polnisch Frysztat) mit den Bergbauzentrum Karviná und vier weiteren Ortsteilen. Der historische Kern des alten Freistadt ist das heutige Stadtzentrum der weitläufigen Industriestadt. Obgleich hier weiter ein Zentrum der polnischen Minderheit ist, ist von der alten Multitkulturalität nur mehr wenig über. In der alten Bezirkshauptstadt Freistadt des Kronlands Österreich-Schlesien der österreichisch-ungarischen Monarchie waren 1910 60 Prozent der 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner polnisch, 35 Prozent deutschsprachig und nur 5 Prozent tschechisch.

Das Rathaus. 1504 wurde hier ein Haus von der Stadt erworben, das Holzhaus brannte aber bereits 1511 im Stadtbrand ab. Das Rathaus wurde neu errichtet und zwischen 1564 und 1569 im wesentlichen in der heutigen Gestalt mit seinem Turm im Renaissancestil erbaut.


Der Hauptplatz Masarykovo náměstí, umgeben von Häusern aus dem 18. und 19.Jh.


An der Stelle des heutigen Schlosses (zámek Fryštát) an der Ecke des Platzes wurde an der Wende vom 13./14.Jh. eine erste Burg errichtet, die nach einem Brand 1511 zu einem Renaissanceschloß umgebaut wurde. Die heutige Ansicht stammt aus dem Umbau im klassizistischen Empire-Stil nach 1792. Bis 1945 herrschten und residierten hier Adelsfamilien, dann saß hier bis 1989 die Stadtverwaltung, 1994 wurde das Schloß für die Öffentlichkeit geöffnet.


Die Heiliggeistkirche neben dem Schloß ist das älteste Gebäude der Stadt. Die Kirche geht aus das 14.Jh. zurück, wurde 1511, 1617 und 1718 von Bränden zerstört und jeweils in teilweise neuer Gestalt wiederaufgebaut. Das heutige Aussehen stammt im wesentlichen vom Umbau des Jahres 1792.

Samstag, 16. März 2013

Blätter, Februar 2013




Blätter für deutsche und internationale Politik
Heft 2/2013
128 S.







Manfred Quiring erinnert anläßlich der Olympischen Spiele in Sotschi 2014 an die Geschichte dieser Kaukaususregion: „Daß gerade hier vor 150 Jahren eines der blutigsten Kapitel in der langen Reihe russischer Eroberungen tragisch zu Ende ging, spielt in der russischen Öffentlichkeit keine Rolle. − aber auch nicht im Westen (Anm.) − Was auch kein Wunder ist, geht es doch ,nur um die Tscherkessen. Daß die Region um Sotschi deren letztes politisches Zentrum war, ist im stark nationalistischen Rußland längst vergessen oder verdrängt. Dabei besiedelten die Tscherkessen einst weite Teile des Kaukausus, bevor sie und zahlreiche andere kaukasische Völker in einem jahrzehntelangen Eroberungskrieg im 18. und 19. Jahrhundert zu Hunderttausenden getötet oder ins Exil getrieben wurden.“
Zwischen 1763 und 1864 überzog beiderseits mörderischer Krieg das Land, bei einer Bevölkerung von zwei Millionen Menschen gab es 400.000 tscherkessische Tote. Nach Kriegsende wurden vor allem über den Hafen Sotschi fast 500.000 Menschen in die Türkei depotriert. Eine ,ethnische Säuberung dieses Ausmaßes hatte es in der Welt bis dahin nicht gegeben.

Montag, 11. März 2013

Nitra

10.3.2013

Ein Rundgang führte durch das westslowakische Nitra, bevor hier ein Fußballspiel besucht wurde. Rund 79.000 Menschen leben hier. Heute ist die Stadt zu 95% slowakisch, doch bis zum Zweiten Weltkrieg war Nitra (deutsch Neutra und ungarisch Nyitra) bunt gemischt. 1891 waren von den damals 13.538 Einwohnerinnen und Einwohnern 5.205 slowakisch-, 5.002 ungarisch- und 3.234 deutschsprachig. Die hauptsächlich deutschsprachige jüdische Gemeinde zählte 3.757 Menschen.

Svätoplukovo námestie, der Hauptplatz der unteren Stadt (dolné mesto). Rechts das 1992 eröffnete Theater, das an der Stelle eines 1945 zerstörten Vorgängers steht. Links hinten im Bild die von der Burg (hrad) gekrönte obere Stadt (horné mesto). Der Namensgeber Sventopluk war von den 850er Jahren bis 871 Fürst des Neutraer Fürstentums und von 871 bis 894 der dritte Herrscher Großmährens.


Statue des Pribina am Pribinovo námestie in der oberen Stadt südlich der Burg. Pribina war ca. 825 bis 833 der letzte Fürst des eigenständigen Neutraer Fürstentums und dann von ca. 840 bis 861 der erste Fürst des Plattensee-Fürstentums. Er gilt als erster bekannter slowakischer Herrscher. Die Stadt Nitra wurde 826 oder 828 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, hier gab es die erste bekannte christliche Kirche der Slowakei und den ersten Bischofssitz (880). Wichtige nationalistische Bezugspunkte, daher wurde 1933 in Nitra auch eine große Nationalfeier Pribinove slávnosti am 1100. Jahrestag der Einweihung der ersten Kirche abgehalten.


Ein Eckhaus des Pribinovo námestie aus dem Jahr 1820 ziert die Statue eines Atlanten. Er stellt die Sagenfigur eines Schmieds namens Corgoň dar, der bei einer Belagerung der Burg Nitra durch ein osmanisches Heer große Steinblöcke auf die türkischen Soldaten geworfen haben soll. Die hiesige Brauerei ist nach dieser Figur benannt.


Der Eingang zur Burg (Nitriansky hrad). Eine erste Burg wurde hier ab dem 9.Jh. angelegt, oftmals in Kriegen beschädigt, belagert, erobert und wiederaufgebaut.


Im Innenhof, rechts der Blick zum Turm der Kathedrale und links davon der Bischofspalast


Die heutigen Mauern und Festungsanlagen stammen hauptsächlich aus dem 16. und 17. Jh.


Das wichtigste Gebäude innerhalb der Burg ist die Kathredrale des heiligen Emmeram (Katedrála svätého Emeráma), die eine ganz eigentümliche Gestalt und Baugeschichte hat. Sie besteht nämlich aus drei Kirchen. Links im Vordergrund die erste romanische Kirche aus dem 11.Jh und rechts davon das seitwärts und etwas höher gelegene, im 14.Jh. angebaute größere gotische Kirchengebäude. Hinter dem romanischen Bau liegt wiederum die im 17.Jh. angebaute barocke untere Kirche.


Zu Beginn des 18.Jh. wurde das Kircheninnere einheitlich barock umgestaltet. Hier der Blick in die untere Kirche, rechts oberhalb davon die ursprünglich gotische obere Kirche.


Derzeit findet gerade eine großangelegte Renovierung statt. Dabei wurden in der romanischen Kirche 2012 hinter dem barocken Altar mittelalterliche Fresken aus dem 14. oder 15.Jh. gefunden. Eine kunsthistorische Sensation.


Blick von der Burg über die Altstadt.


Blick auf den Burgberg


In der unteren Stadt liegt die 1911 eröffnete ehemalige neologische Synagoge, in typischem maurisch-byzantinischem Stil der Zeit.


Eine Gedenktafel aus dem Jahr 1992 erinnert an die 1942 von Nitra in die KZs deportierten 6.000 Jüdinnen und Juden.


Die Synagoge wurde 2003 renoviert und dient heute als Veranstaltungs- und Konzertsaal.


Auf der (ehemaligen Frauen-)Galerie wurde 2005 eine Ausstellung „Das Schicksal der slowakischen Juden“ (Osud slovenských židov) eröffnet. Rund 135.000 Jüdinnen und Juden lebten 1938 auf dem Gebiet der heutigen Slowakei, rund 108.000 von ihnen wurden bis 1945 umgebracht. Die Ausstellung informiert nicht über die Entrechtung ab 1939 oder die Vertreibung und Ermordung von 1942 bis 1945, sondern läßt mit wenigen Ausstellungsstücken Einzelschicksale erahnen.


Ein Dokument der Verzweiflung: Der 1909 geborene Adolf Heinovits war ein herausragender slowakischer Graveur. 1942 schuf er diese Silberplatte mit einem in feinsten Buchstaben eingravierten Bittbrief an den Präsidenten des slowakischen Nazi-Satellitenstaats, Josef Tiso. Er ersuchte mittels seiner Kunst in diesem edelmetallenen Brief um eine Ausnahme für sich seine Frau und seine Mutter von der Deportation. Seine Arbeitgeber unterzeichneten ebenfalls. Es half nicht. Heinovits wurde deportiert und ermordet.


Skulpturen, die 1941 von der 13-jährigen Jutka Spiegelová geschaffen wurden. 1942 wurde sie ins KZ deportiert und ermordet.