Montag, 28. Mai 2012

Gliwice

27.5.2012

Nach Rybnik am Samstag wurde am Sonntag Gliwice besichtigt, bevor es anschließend zum Fußball ging. Gliwice bzw. deutsch Gleiwitz wurde bereits im 13. Jahrhundert gegründet und ist eine der ältesten Städte des oberschlesischen Industriegebiets. Rund 195.000 Menschen leben heute hier.

Die Hauptsehenswürdigkeit außerhalb der Altstadt ist der 1935 erbaute hölzerne Sendeturm (Radiostacja Gliwice). Er ist einerseits technisch bemerkenswert, da er der einzige noch bestehende Sendeturm in Holzbauweise ist und mit einer Höhe von 118 Metern der höchste Holzbau der Welt ist (seitdem 1990 der 1932 erbaute 140 Meter hohe Holzsendeturm in Żórawina (früher Rothsürben) wegen Baufälligkeit abgerissen wurde). Andererseits ging der Sendeturm 1939 in die Geschichte ein, als hier im damals deutschen Gleiwitz der berühmteste von mehreren inszenierten Überfällen stattfand, in denen deutsche Soldaten in polnischen Uniformen Vorwände für den nachfolgenden Kriegsbeginn Nazideutschlands lieferten. Nach der Teilung Oberschlesiens 1922 wurde Gleiwitz zur deutschen Grenzstadt, nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Stadt zu Polen und die deutsche Bevölkerung wurde vertrieben. In der kommunistischen Zeit war der Sendeturm als Störsender der westlichen Radioprogramme in Verwendung.


Die 1903 bis 1906 erbaute Hauptpost (Poczta Główna), errichtet in neogotischem Stil und in hier typischer Ziegelbauweise.


Das alte Rathaus (Ratusz) steht in der Mitte des zentralen Marktplatzes der Altstadt, Rynek (Ring). Das Gebäude wurde im 15.Jh. in gotischem Stil errichtet, sein heutiges barock-klassizistisches Aussehen stammt aus dem Jahr 1784. Die vorgelagerten Arkaden wurde erst nach 1945 angefügt.


Rund um das Rathaus säumen die Fassaden alter Bürgerhäuser den Rynek (Ring). Ein Großteil der Gebäude wurde allerdings nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ohne Bezug zum Vorgängerbau in historischem Stil gebaut.


Eine Gedenktafel erinnert an die Stelle, an der von 1859 bis 1938 die Neue Synagoge (Nowa Synagoga) von Gleiwitz stand. Im Novemberpogrom vom 9. November 1938 wurde sie angezündet und am nächsten Tag gesprengt. Bis 1943 wurden die 600 Gleiwitzer Jüdinnen und Juden ins KZs deportiert umd umgebracht. Heute gibt es ein paar Häuser weiter ein jüdisches Gemeindehaus.


Am Rand der Altstadt liegt das Schloß aus dem 16.Jh., an der im 14.Jh. errichteten Stadtmauer (ein Rest links zu sehen). Ende der 1950er Jahre wurde das Gebäude saniert und renoviert und der Turm hinzugefügt.


Die im 13.Jh errichtete und im 15.Jh ausgebaute katholische Allerheiligenkirche (Kościół Wszystkich Świętych) ist die älteste Kirche der Stadt. 1711 wurde bei einem Brand die Turmspitze zerstört, nach einem neuerlichen Brand wurde die Kirche von 1929 bis 1942 restauriert und dabei der Turm wieder aufgestockt. Der eigentlich avisierte Besuch der Aussichtsplattform wurde dann doch gelassen, da er nur im Rahmen einer einstündigen Kirchenführung möglich gewesen wäre.


Die 1903 bis 1905 errichtete alte Begräbnishalle des Neuen jüdischen Friedhofs, der bis heute seinem Zweck dient. 2008 kaufte die Stadt das Gebäude an, angeblich gibt es Pläne für ein Museum.

Rybnik

26.5.2012

Ins südwestpolnische Rybnik zog es zu einem Fußballspiel. 140.000 Menschen leben in dieser Stadt. Im 19.Jh. entfalteten sich hier Bergbau (Rybniker Kohlenrevier, Rybnicki Okręg Węglowy) und Schwerindustrie.

Das Alte Rathaus (Dawny Ratusz) mit charakteristischem Turm, hier links hinter dem Brunnen.


Der schöne Hauptplatz Rynek (bis 1922 Neuer Ring).


Rybnik bedeutet „Fischteich“, was auf die große Bedeutung der Fischzucht für die hiesige Wirtschaft im Mittelalter verweist und sich auch im Stadtwappen wiederfindet.


Das Schloß (Zamek w Rybniku). Das heutige barocke Aussehen stammt aus dem Ende des 18.Jh., ursprünglich stand hier eine in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichtete Burg. Heute befindet sich hier das Bezirksgericht.


Die 1903 bis 1907 erbaute neugotische St.-Antonius-Kirche (Bazylika św. Antoniego).


Enten im Park

Freitag, 25. Mai 2012

Datum 5/12




Datum
5/2012
98 S.







Über die existenzenzerstörende Verderbnis des legalen Automatenglücksspiels berichtet Thomas Trescher. Man kann es nicht genug anprangern.
Dazu eine erschütternde Auslandsreportage über als Hexen verstoßene Frauen und ihre Existenz in Indien von Nicola Abé.

Montag, 21. Mai 2012

Dunajská Streda

20.5.2012

Die Stadt im Süden der Slowakei, mitten auf der Schüttinsel in der Donau, wurde aus Anlaß eines Fußballspiels besucht. Der ungarische Name der Stadt Dunajská Streda lautet Dunaszerdahely und ist hier mehr als gleichwertig in Gebrauch, da rund 80 Prozent der 24.000 Einwohnerinnen und Einwohner der ungarischen Minderheit der Slowakei angehören.

Im Hintergrund die katholische Kirche, deren heutiges barockes Aussehen aus dem 18.Jh. stammt. Davor rechts ein jüngeres Denkmal für die ungarische Revolution von 1848/49.


Die Zweisprachigkeit ist augenscheinlich.


Kein touristischer Hotspot. Die jüdische Gemeinde machte einst die Hälfte der Bevölkerung der Stadt aus. 1944 wurde von den deutschen Besatzern ein Ghetto und ein Zwangsarbeitslager eingerichtet und von hier aus 4.000 Jüdinnen und Juden in den Tod geschickt.


Brunnen im Park.

Sonntag, 20. Mai 2012

Břeclav

19.5.2012

Gleich hinter der niederösterreichischen Grenze, im Südosten Mährens liegt die tschechische Grenzstadt Břeclav. Der deutsche Name der Stadt war deutsch früher Lundenburg. 24.000 Menschen leben heute hier in der Kleinstadt, die kurz durchwandert wurde, bevor es hierorts zum Fußballspiel ging.

Blickfang in der Fußgängerzone vor dem Bahnhof ist eine Kopfskulptur.


Eine jüdische Gemeinde hatte in der Stadt wahrscheinlich seit ihrer Gründung im 11.Jh. gelebt. Die heute zu sehende ehemalige Synagoge wurde Ende des 19.Jh.in typischem maurischem Stil errichtet. 1930 lebten hier 589 Jüdinnen und Juden (ca. 4% der Bevölkerung). 1942 wurden sie von den deutschen Besatzern nach Auschwitz deportiert und alle umgebracht. Seit 1992 befindet sich im Gebäude das Stadtmuseum.


Břeclav ist eine weitgehend unspektakuläre kleine Stadt.


Die Stadt wurde 1030 gegründet. 1230 wurde die zuvor hölzerne Befestigung bei der Staré Dyje (Alten Thaya) zur Burg ausgebaut, als Grenzschutz gegen den österreichischen Nachbarn. Das heutige Schloß (Zámek) war ein Renaissancebau aus dem 16.Jh., der im 19.Jh. zu einer neugotischen künstlichen Ruine umstaltet wurde.

Dienstag, 15. Mai 2012

Blätter, April 2012




Blätter für deutsche und internationale Politik
Heft 4/2012
128 S.







Interessante Länderberichte über die brisante Gedenkpolitik in Estland sowie die Wahlkämpfe in Frankreich und Südkorea bietet die Ausgabe.

Montag, 14. Mai 2012

Kapfenberg

13.5.2012

Bevor es zum Fußballspiel ging, wurde die Burg Oberkapfenberg hoch über der Stadt Kapfenberg besucht.

Der Weg per pedes hinauf ist hübsch steil, aber bewältigbar. Die Burg wurde Ende des 13.Jh. errichtet und um 1550 ausgebaut.


Im Burghof. Die heutige Ansicht stammt aber weder aus dem 13., noch aus dem 16.Jh., sondern aus den letzten Jahrzehnten. Seit 1739 stand die Burg zwei Jahrhunderte leer und verfiel in dieser langen Zeit. 1955 wurde mit einem Wiederaufbau der Ruine begonnen. 1992 kaufte die Stadt die seit 1985 wieder leerstehende Burg und machte sie zum Ausflugsort.


Die Ausstellung über die kulturellen Folgen der Kontaktaufnahme des damaligen Europa mit dem Orient durch die Kreuzzüge des Mittelalters ist sehr gut gelungen. Der zweite Teil über Alchemisten ist für meinen Geschmack etwas zu sehr zu einer Gruselshow geworden.


Blick auf die Burg Oberkapfenberg vom Fußballstadion aus.

Budapest

12.5.2012

Bevor es zum großen Derby im Fußball ging, wurde bei einem erneuten Besuch in der ungarischen Hauptstadt diesmal die Budaer Burg und hier insbesondere das dortige historische Museum der Stadt angesteuert. Zuletzt war ich 2010 hier oben.

Budavári palota. Seit der Mitte des 13.Jh. thront hoch über der Donau die Residenz der ungarischen Könige, die dann eine osmanische Festung wurde, anschließend bis 1918 den habsburgischen Palatin bzw. formell den König und schließlich von 1920 bis 1944 den Regimechef Miklós Horthy beherbergte.


Die Einfahrt zum Straßentunnel durch den Burgberg.


Wer gerne Schlange steht, kann auf die Standseilbahn warten. Zu Fuß hinauf geht's schneller.


Blick vom Burgberg über die Kettenbrücke (Széchenyi Lánchíd). Ab 1849 verband sie als erste feste Brücke Buda mit dem am anderen Donauufer liegenden Pest.


Das heutige Aussehen des Burgschlosses stammt von dem zwischen 1875 und 1904 vorgenommenen neobarocken Ausbau. Nicht zufällig erinnert der Bau an die Neue Hofburg in Wien, sollte die Burg doch als Prestigebau eine königliche Residenz darstellen, auch wenn der Herrscher in Wien residierte.
Daß Prinz Eugen als Reiterstandbild davor thront ist angesichts des Umstands, daß seine Truppen bei der Eroberung 1683 die Stadt Buda in Schutt und Asche gelegt und die Einwohnerinnen und Einwohner massakriert hatten, eine verklärende Volte der Geschichte.


Neben der Nationalgalerie und der Széchenyi-Nationalbibliothek ist hier heute das Budapester Historische Museum (Budapesti Történeti Múzeum) untergebracht.


Das Prunkstück des Museums ist die Sammlung gotischer Skulpturen aus der mittelalterlichen Burg, die bei Ausgrabungen in den 1970er Jahren entdeckt wurden. Aber auch die weiteren Teile der Ausstellung, die Stücke aus der Besiedlungsgeschichte der Stadt von der Frühzeit über die römische Epoche, die Völkerwanderung bis ins 19. Jahrhundert zeigt, ist sehenswert. Sie hat mir jedenfalls wesentlich besser gefallen als diejenige des Ungarischen Nationalmuseums (Magyar Nemzeti Múzeum).


Im Zuge des Wiederaufbaus der 1945 ausgebrannten und zerstörten Anlage, wurde viel mittelalterliche Substanz wiederentdeckt und zum Vorschein gebracht, wie etwa hier die 1365 erbaute Burgkapelle.


Ein eigens gestalteter Ausstellungsteil bringt die Stadtgeschichte Budapests im Schnelldurchlauf. Diese Ausstellung ist modern gestaltet. Die Präsentation ist ansprechend und die Inhalte interessant. Der Titel lautet Licht und Schatten (Fény és árnyék). Dies sollte man aber nicht dahingehend mißverstehen, daß hier etwa eine kritische Geschichtsbetrachtung geboten würde. Die Verfolgung und Ermordung der ungarischen Jüdinnen und Juden 1944/45 wird etwa schlicht nicht erwähnt, was erwartbar, aber dennoch unglaublich ist. In der Darstellung des 20.Jh. bleibt viel offen. Die durchaus spannende geschichtspolitische Aufladung des Heldenplatzes unter verschiedenen politischen Vorzeichen wird etwa thematisiert, aber nur einseitig.


Neben viel Schatten kommt natürlich auch das Licht nicht zu kurz. Daher hängt im Abschnitt über die erfolgreiche Revolution 1989 eine Fahne und ein Leiberl der damaligen Jugendbewegung und heutigen Regierungspartei Fidesz. Kein Schelm, wer hier an gewollten Propagandaeffekt denkt.


Trotz allem immer wieder prächtig ist der Anblick des Parlaments an der Donau. Auch wenn hier derzeit (wie in seiner Entstehungszeit) nicht der Geist der Demokratie zuhause ist.

Sonntag, 6. Mai 2012

Topoľčany

5.5.2012

Die westslowakische Kleinstadt Topoľčany wurde aus Anlaß eines Fußballspiels besucht. Topoľčany hieß bis 1920 Veľké Topolčany, der deutsche Name der Stadt ist entsprechend (Groß-)Topoltschan und das ungarische Pendant Nagytapolcsány. Rund 28.000 Menschen leben heute in der Stadt.

Mit ihrer 1938 eröffneten Kaserne war die Stadt Ende August 1944 auch Schauplatz des Slowakischen Nationalaufstands gegen das mit Hitler verbündete faschistische Regime. Das etwas lieblos figurative Denkmal erinnert daran. Im September 1944 besetzte die Deutsche Wehrmacht die Stadt und beendete auch hier den Aufstand mit Mord und Terror.


Das pulsierende Leben in der Fußgängerzone Samstag nachmittags (Obchodná).


Den zentralen Hauptplatz (Námestie M. R. Štefánika) dominiert die 1740 fertiggestellte und 1802 nach einem Brand erneuerte barocke katholische Pfarrkirche.


Das 1912 eröffnete Rathaus, ebenfalls am Námestie M. R. Štefánika.


Hier stand die 1898 eröffnete und 1944 von deutschen Soldaten niedergebrannte Synagoge. Das heutige Schulgebäude erinnert äußerlich nicht mehr daran.

Heute ist die Stadt fast ausschließlich slowakisch, bis zum Zweiten Weltkrieg war Topoľčany aber über viele Jahrhunderte eine multiethnisch-multikulturelle Stadt mit ungarischer, deutscher, slowakischer und jüdischer Bevölkerung, wobei die allermeisten Jüdinnen und Juden sich als ungarisch oder deutsch empfanden. 1930 lebte hier eine 2.459 Menschen zählende jüdische Gemeinde, die sechstgrößte der Slowakei. 1939 begann das slowakische Regime mit antisemtischer Politik, 1941 wurden in mehreren Städten Ghettos und Sammellager errichtet, u.a. auch in Topoľčany. Nach dem deutschen Einmarsch 1944 wurde die meisten ermordet, viele wurden in einem Nachbarort erschossen.
Ein halbes Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs, am 24. September 1945, fand das Pogrom von Topoľčany statt. 550 Überlebende des Holocausts hatten sich wieder hier niedergelassen, waren aber mit Anfeindungen der Bevölkerung konfrontiert. Am 24. September liefen Gerüchte in der Stadt, daß sie die kirchliche Schule übernehmen wollen würden wie sie es schon in einem Nachbarort getan hätten (beides haltlos erfunden) und der jüdische Arzt, ein Auschwitz-Überlebender namens Berger, in der Schule slowakische Kinder mit Gift umbringen würde. In Wirklichkeit führte er eine Impfaktion durch. Doch ein Mob zog durch die Stadt, verprügelte den Arzt und jeden Juden und jede Jüdin, denen sie habhaft wurden und plünderte und zerstörte deren kümmerlichen Besitz. 48 Menschen wurden schwer verletzt. Die verbliebenen Jüdinnen und Juden verließen die Stadt fluchtartig. 2005 entschuldigte sich die Stadtgemeinde formell.