Freitag, 29. Juli 2011

spw 184




spw
Heft 184 (3/2011)
Juni 2011
71 S.






Verkehrspolitik, genauer Mobilitätspolitik, steht im Zentrum des Heftschwerpunkts. Dieser versucht, laut Einleitung, „Mobilität im Zusammenhang mit öffentlicher Aufgabenerfüllung und wirtschaftsdemokratischer Steuerung zu denken“. Es geht um die Automobilindustrie ebenso wie um die Eisenbahn sowie um die Konzeption einer sozialdemokratischen Moblitätspolitik.

Montag, 25. Juli 2011

Budapest

24.7.2011

Bevor es am Abend zu einem Fußballspiel ging, standen in Budapest diesmal Museumsbesuche am Programm. Nach Besichtigung der Hauptsehenswürdigkeiten bei einem vorigen Aufenthalt bleibt hier noch einiges an Sehenswerten, um in die Tiefe zu gehen.

Das Kunstgewerbemuseum (Iparművészeti Múzeum) ist ein einem dafür maßgeschneiderten Jugendstilbau untergebracht. Stilecht ist die Fassade mit allerlei Kermamik, also Kunsthandwerk, verziert. Eröffnet wurde das Museum im Jahr 1896 zum Abschluß der ungarischen Milleniumsfeiern.


Ganz in der Nähe war die Corvin-Passage (Corvin köz) gegenüber der ehemaligen Killián-Kaserne in der ungarischen Revolution von 1956 einer der Hauptschauplätze der blutigen Kämpfe in der Stadt. Am alten, in frischem Schönbrunnergelb gestrichenen, Kinogebäude im Innenhof der Passage erinnern Gedenktafeln an die damaligen Toten. Besonders effektvoll steht ein 1996 errichtetes Denkmal eines kämpfenden Pester Jugendlichen (Pesti Srác) vor einem historisierenden Relief einer mittelalterlichen Szene der ungarischen Geschichte an der Fassade des Filmpalasts im Hintergrund.


In einer ehemaligen Synagoge aus dem Jahr 1923 wurde 2004 das Holocaust-Gedenkzentrum (Holokauszt Emlékközpont) eröffnet.


Die Ausstellung zeigt die schrittweise Radikalisierung des Antisemitismus in der Zwischenkriegszeit in Ungarn ab 1920, der schrittweisen Entrechtung und Enteigung der jüdischen Ungarinnen und Ungarn (und Roma) durch die mit Hitlerdeutschland verbündete Horthy-Diktatur und schließlich die Deportation und Ermordung von Hunderttausenden in wenigen Monaten ab August 1944. Bedrückend. Die Ausstellung ist sehr gut gemacht und sollte ein Pflichtbesuch sein.


Der schön renovierte Innenraum der ehemaligen Synagoge.


Das Ungarische Nationalmuseum (Magyar Nemzeti Múzeum) präsentiert quasi das offizielle ungarische Geschichtsbild vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Das 1837−1847 errichtete klassizistische Gebäude spielte wenig später in der Revolution von 1848 eine größere Rolle, als der Dichter und Nationalheros Sándor Petofi am 15. März auf der Treppe das Nemzeti dal („Nationale Lied“) vortrug.


Wie alle Museumsgebäude seiner Zeit ist nicht nur die Ausstellung sondern auch das Gebäude selbst sehenswert. Sehr schön ist hier der durchgehende antikisierende klassizistische Stil des immerhin zwei Generationen vor den Wiener Ringstraßenmuseen erbauten Hauses. Hier die Deckenfreskos des Stiegenhauses.


Die Hauptausstellung des Nationalmuseums präsentiert die ungarische Geschichte vom Beginn der ungarischen Besiedlung im Mittelalter bis in die Gegenwart, bis zum Wendejahr 1989/90. Die Mittelaltersammlung ist besonders bemerkenswert, zeigt aber auch den offensichtlichen Sammlungsschwerpunkt des 19. Jahrhunderts, etwa in der Präsentation mehrerer kirchlicher Chorgestühle. Die Ausstellung bietet einen durchaus guten Einblick in die politische Geschichte Ungarns, allerdings ist die Präsentation mit äußerst wenigen Ausnahmen eine Geschichte der Herrschenden. Sozialgeschichtliche Aspekte fehlen.

Freitag, 22. Juli 2011

Datum 7-8/11




Datum
7-8/2011
98 S.







Die traurige Geschichte eines sich vom Leben gepeinigt fühlenden Schrebergärtners erzählen Benedikt Narodoslawsky und Natalie Campbell. Er sieht sich in seiner Idylle in Wiener Neustadt vom Wahnbild eines gewalttätigen islamischen Fundamentalismus bedroht, den er im Internetz kennengelernt zu haben glaubt, und der sich nebenan in einem Kulturzentrum einnisten werde. Daher quält er seine muslimischen Nachbarn (andere tun das wegen des Schattenwurfs eines Baums oder zu lauter Kinder in Nachbars Garten). Seinen Garten, einst sein ganzer Stolz, läßt er dabei verkommen, weil er seinen Rückzugs- und Friedensort ohnehin schon fast verloren glaubt und lieber stundenlang im Internetz gegen alles Übel dieser Welt werkt, dessen Wurzel er im Islam gefunden zu haben glaubt.
In anderen Zeiten würde man sich von ihm wohl als Verrückten abwenden oder ihm zu helfen versuchen, die Füße wieder auf den Boden der Realität zu bekommen. Im heutigen Österreich findet er Mitstreiter, wird seine Homepage eifrig frequentiert, finden seine Aktivitäten regelmäßig Niederschlag in den Boulevardmedien und findet er in der rechtspopulistischen Bauernfängerpartei eine Heilslehre.

Weiters im Heft noch Interessantes über das unmenschliche Leben der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in der St. Pöltner Glanzstoff-Fabrik während des Zweiten Weltkriegs. Der Artikel von Kristina Maroldt über einen Kindsmord, Dorgen und verzweifelte Eltern in Kapstadt ist hochspannend. Ich hatte ihn nur bereits zuvor in der Presse vom 3. Juli dieses Jahres gelesen.

Donnerstag, 14. Juli 2011

Fjäderholmarna

12.7.2011

Nur eine halbe Stunde mit dem Schiff von Stockholm entfernt liegt die Inselgruppe Fjäderholmarna in den Schären. Heute ein touristischer Ausflugsort, war hier einst Ende des 19. Jahrhunderts ein Umschlagplatz für den Spirituosenschmuggel nach Stockholm. Heute gibt es auf der Hauptinsel Stora Fjäderholmen eine Idylle an Ausblicken aufs Meer zu genießen und die schönen roten Holzhäuser zu bewundern.







Stockholm

11.−13.7.2011

Drei schöne Tage in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Der unsäglichen Hitze zuhause entkommen und angenehme 23 Grad Tagestemperatur genossen. Tageslicht bis 22 Uhr.
Im Großraum leben 1,9 Millionen, in der eigentlichen Stadt Stockholm 830.000 Menschen
Fußballerisches wurde mit einem Erstligaspiel bei AIK und einem weiteren Match sowie der Besichtigung des Olympiastadions von 1912 und des Söderstadions von Hammarby im Zuge des Aufenthalts natürlich ausreichend absolviert. Aber auch an historisch und kulturell interessanten Plätzen hat die Stadt einiges zu bieten.

Die Hauptattraktion Stockholms ist das Wasser. Ein Drittel der Stadtfläche ist damit bedeckt, im Westen der Mälarsee, der im Osten in das Meer der Ostsee übergeht. Hier der Blick übers Wasser auf die Insel Riddarholmen. Stockholm verteilt sich über 14 Inseln.


Blick auf den schwedischen Reichstag, ebenfalls auf einer Insel am Wasser liegend. Hier zu sehen der Westflügel der Parlamentsanlage aus dem 19.Jh., der früher die Reichsbank beinhaltete. Im modernen Glastrakt befindet sich der Sitzungssaal.


Das Königliche Schloß am Nordosteck der Insel Stadsholmen, gegenüber der Reichstagsinsel. Das heutige Schloß wurde 1770 an der Stelle des bis ins 13.Jh. zurückgehende Vorgängerbaus fertiggestellt. In seiner äußeren Form erinnert das Schloß eher an einen Bau im Renaissancestil als an das 18.Jh.


Hauptplatz der historischen Altstadt, Gamla stan, auf Stadsholmen ist der Platz Stortorget. Die Häuser stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, waren also nicht Zeugen, als hier der dänische König Kristian II. im Jahr 1520 zur Feier seiner Krönung zum schwedischen König 80 schwedische Adelige öffentlich hinrichten ließ, um seinen Herrschaftsanspruch zu untermauern. War eine Fehleinschätzung. Im folgenden Aufstand wurde die dänische Herrschaft über Schweden beendet. Im rechts zu sehenden großen Bau der ehemaligen Stockholmer Börse aus dem Jahr 1778 ist heute das Nobelmuseet, ein Museum zur Geschichte des Nobelpreises.


Herrliche Ausblicke gibt es immer wieder auf das Wasser und am Ufer liegende Schiffe.


Panoramablick über die Stadt von der Insel Södermalm aus.


Das 1913 eröffnete Stadshuset, wo das Stockholmer Stadtparlament tagt. Markant der 106 Meter hohe Turm mit seiner goldenen Spitze (mit drei Kronen, dem Stadtwappen).


Schöne Blicke auf die Stadt gibt es von den zahlreichen Fähren. Hier Aussicht auf die Insel Södermalm. Mit der Fähre ging es hinaus aus der Stadt in das idyllische Inselgebiet der Schären, nach Fjäderholmarna.


Geradezu mediterran mutet Stockholm an manchen Stellen an.


Einen architektonischen Gegensatz zur Altstadt bietet nördlich davon Norrmalm, wo in den 1950er Jahren die Häuser aus dem 17. bis 19. Jahrhundert radikal abgerissen wurden und ein neuer Stadtteil im Geschmack der Zeit geschaffen wurde. Hier der Platz Sergels torg, der dabei das neue städtische Zentrum bilden sollte und als urbaner Platz offenbar auch funktioniert.


Die Stadsbibliothek, in imposanter funktionalistischer Architektur im Jahr 1927 eröffnet.


Das 1952 errichtete Brantingmonumentet am Platz Norra Bantorget. Es erinnert an den bedeutenden sozialdemokratischen Politiker Hjalmar Branting (1860−1925). An diesem Platz endet die alljährliche Kundgebung zum 1. Mai.


Plakette am Boulevard Sveavägen an der Stelle, wo 1986 der schwedischen Ministerpräsident Olof Palme ermordet wurde.


Überaus ansprechende Gestaltung mancher Stationen der U-Bahn (Tunnelbana), hier in der Station Solna centrum.


Das 1990 fertiggstellte Vasamuseet, das mit seinen stilisierten Schiffsmasten am Dach seinen Inhalt in gelungener Weise anzeigt: das 1961 nach 333 Jahren praktisch unversehrt vom Grund der Ostsee gehobene schwedische Kriegsschiff Vasa.


Das ausgestellte Schiff Vasa ist sehr beeindruckend. Bereits auf seiner Jungfernfahrt sank im Jahr 1628 das Flaggschiff der königlichen Marine nur eineinhalb Kilometer nach Verlassen des Stockholmer Hafens. Dank günstiger natürlicher Bedingungen konservierte der Schlamm das Schiff für über drei Jahrhunderte am Meeresboden.

Noch in den 60er Jahren des 17.Jh. wurden mittels Taucherglocke fast alle der wertvollen Kanonen aus dem Wrack geholt. Die noch aus dem Wasser ragenden Masten wurden gekappt, um die Schiffahrt nicht zu behindern. 1956 wurde das Wrack dann wiederaufgefunden und 1961 schließlich geborgen. In 17 Jahren Kleinarbeit wurde es samt allerlei gefundener loser Teile konserviert und wieder zusammengesetzt, sodaß das Schiff heute zu 95 Prozent Originalteilen in ganzer Pracht zu bestaunen ist.
Zur Zeit seins Baus verfolgte Schweden unter seinem König Gustav II. Adolf eine aggressive Außenpolitik, führte ständig Krieg und entwickelte sich so im 17. Jahrhundert zur Großmacht. Der Bau des großen Kriegsschiffs war ein Prestigeprojekt. Doch während das Schiff in seinen Proportionen für ein Kanonendeck ausgerichtet war, wurde auf königlichem Befehl während der Bauphase noch ein zweites Deck mit Kanonen eingebaut. Die Folge war anstatt mehr Feuerkraft in einer Schlacht, daß die Statik des Schiffs beeinträchtigt wurde. Bereits zwanzig Minuten nach Verlassen des Hafens endete die erste Ausfahrt. Der erste stärkere Windstoß ließ das Schiff kentern und sinken.

Hier ein Modell der Vasa vor dem Hintergrund des originalen Schiffs.

Die Ausstellung des Vasamuseet ist sehr gelungen. Sie stellt das Schiff und seinen Bau in den historischen Kontext seiner Zeit, stellt die (verlorene) Farbenpracht seiner Verzierungen nach, erklärt diese und rekonstruiert das Leben der Menschen an Bord. Ausstellung und Präsentation des Schiffswrack sind gut gemacht, überaus gelungen und beeindruckend. Zwei Wermutstropfen: Die Gründe für den Untergang des Schiffs werden unzureichend thematisiert. Weiters: Die Zurschaustellung der Skelette beim Untergang umgekommener Besatzungsmitglieder in beleuchteten Glasvitrinen ist pietätlos. Darauf sollte man verzichten.

Sonntag, 10. Juli 2011

Arbeit und Wirtschaft 4, 5 und 6/2011

Arbeit & Wirtschaft
Herausgegeben von AK und ÖGB
Nr. 4/2011, Nr. 5/2011 und Nr. 6/2011
je 46 S.


Die Aprilausgabe widmete sich Fragen der Arbeitsmarktöffnung vom 1. Mai dieses Jahres gegenüber den (auch nicht mehr so) neuen EU-Ländern. Spannend auch Florian J. Burgers Beitrag, der sein Buch über die Stand und Gefährung des Streikrechts im Lichte der Europarechtsentwicklung vorstellte.

Um Berufe, ihr Aussterben und ihre Neuentwicklung, ging es im Maiheft.

Um Veränderungen vielerlei Art geht es gleich darauf im Juni. Eine spannende Zahl liefert hierbei Karl Kollmann zur Entwicklung der Konsumgesellschaft, gemessen an der Einstellung von Jugendlichen zu Werbung: Waren in den Siebziger Jahren noch rund 70 Prozent der Jugend skeptisch der Werbung gegenüber eingestellt (Stichwort: ,die wollen mir nur was verkaufen), so sind es in den vergangenen Jahren rund 70 Prozent, die Werbung prinzipiell gut und sympathisch finden.

Donnerstag, 7. Juli 2011

St. Pölten

6.7.2011

Den Mutigen bangt selten, warum graut dir vor St. Pölten? lautet ein geflügeltes Wort über die Stadt von Franz Mittler.
Vor dem Rapid-Spiel am Voithplatz ein kurzer Abstecher auf den Rathausplatz in der Innenstadt St. Pöltens.

Blick auf das Rathaus. 1503 erwarb die Stadt die westliche Hälfte des Gebäudes, 1567 kam die Osthälfte dazu. Der charakteristische Turm wurde im Jahr 1591 fertiggestellt. Die barocke Fassade stammt aus dem Jahr 1727.


Der Rathausplatz wurde etwa ab dem Jahr 1200 in seiner heutigen Form angelegt. Die Häuser zeigen hauptsächlich Barockfassaden. Derzeit findet am Platz gerade ein Sommerfestival statt. Wirkt durchaus urban.

Montag, 4. Juli 2011

Pregarten

3.7.2011

Ins oberösterreichischen Mühlviertel brachte mich diesmal ein Spiel von Rapid. 5.000 Menschen leben heute in der Stadt Pregarten.

Die Bruckmühle. Ehemals eine Mühle am Fluß Feldaist (bereits im 13. Jh. wurde eine solche erwähnt), wurde aus dem Gebäude von 1905 bis 1926 als Steingutfabrik der erste Industriebetrieb in Pregarten. Heute befindet sich hier ein 1999 eröffnetes Kulturzentrum.


Der Stadtplatz von Pregarten. Hier lag eine um das Jahr 1230 erstmals belegte Siedlung, die damals neben der Landwirtschaft vor allem von der Weberei lebte. Das prächtigste Haus am Platz ist heute nicht etwa das Rathaus (Stadtamt), sondern die gegenüberliegende Raiffeisenkasse. Hier wird gezeigt, wo Gott wohnt.
Jedenfalls nicht mehr in der Mitte des Platzes. Hier stand bis 1903 anstelle der heutigen Mariensäule die dann abgerissene alte St.-Anna-Kirche.


Die alte Kirche am Stadtplatz ersetzte die 1897 eingeweihte neue St.-Anna-Kirche, ein gelungener neugotischer Bau.

Am kurzen Weg vom Stadtplatz zur Kirche befindet sich Erinnerungsbaum aus dem Jahr 1993, der an den Opfergang von Stalingrad erinnert. Im Inneren der Kirche befindet sich ebenso ein Kriegerdenkmal wie im Park dahinter. Die Erinnerungskultur wirkt hier sehr einschlägig eindimensional. Was z.B. auch erinnert werden könnte: 1941 wurden eine 26-jährige Pregartnerin und ein 74-jähriger Pregartner im Rahmen der NS-„Euthanasie“ ermordet. Im Februar 1945 wurden im Ortsgebiet Pregartens im Zuge der sogenannten „Mühlviertler Hasenjagd“ mindestens fünf der damals aus dem Konzentrationslager Mauthausen geflüchteten KZ-Häftlinge von alten Volkssturmmännern und jugendlichen Hitlerjungen umgebracht. Zehn Tage vor Kriegsende, trotz oder auch wegen der von Westen heranrückenden US-Army und der von Osten kommenden sowjetischen Truppen, ließ der Nazibürgermeister den regimekritischen Rauchfangkehrer verhaften, er wurde vermutlich ermordet. Zur selben Zeit, im April und Anfang Mai 1945 amtierte im Pfarrhof ein Militärgericht, das in der kurzen verbleibenden Zeit bis zum Kriegsende 500 Soldaten, die dem sinnlosen Endkampf-Wahnsinn entkommen wollten, zum Tode verurteilte.