Freitag, 20. November 2009

spw 174



spw
Heft 174 (6/2009)
November 2009
59 S.







Das Heft widmet sich v.a. politischen Schlußfolgerungen der Bundestagswahlen in Deutschland vom September, welche die SPD mit Bomben und Granaten verlor. Nach einem Verlust von 5 Prozentpunkten 2005 noch einmal ein Verlust von 11 Prozentpunkten.

Spannend die empirisch gestützte Analyse von Daniel Gardemin und Heiko Geiling. Sie unterstreichen, daß es sich hier nicht um ein singuläres Eregnis gehandelt habe, nach dem man nichts aufzuarbeiten habe: "Wahldebakel dieser Größenordnung verzeichnet die SPD auf Landesebene schon seit 2003." Anhand der absoluten Stimmenanteile seit 1994 verweisen sie darauf, da die "Lager" CDU/FDP und SPD/Linke/Grüne mit einer Schwankungsbreite unter 10 Prozentpunkten ziemlich stabil sind. Die SPD manövrierte sich nach 1998 in eine "doppelte Konkurrenzsituation", in der sie sich um eine "neue Mitte" bemühte und nach links dabei Teile ihrer bisherige Basis verlor: "Der SPD kamen die von der rechten Mitte neu gewonnenen 1,8 Millionen Wählerstimmen doppelt wieder abhanden (minus 3,7 Millionen Wählerstimmen zu CDU und FDP). Entscheidende 1,8 Millionen Stimmen aus der Kernwählerschaft der linken Mitte wanderten zur Linkspartei ab. Die Grünen, die bereits nahzu vollständig ihre Stimmen über die letzten 30 Jahre aus der SPD erhielten, konnten zwischen 1998 und 2009 nochmals 1,5 Millionen Wählerstimmen aus der arrivierten SPD-Klientel abwerben. Im Wartestand sind zudem noch die 2,8 Millionen ins Nichtwählerlager abgewanderten Sozialdemokraten".

Die vor einem Jahrzehnt unter der Chiffre von den "Modernisierern" verfolgte Strategie, die Sozialdemokratie im neoliberalen Mainstream zu verankern, welcher die gewandelte Gesellschaftsstruktur repräsentiere, hatte das Kalkül, "dass man mit dieser Politik die neue entstanden (sic) neuen Mittelschichten einbeziehen könnte und die alten Anhänger - aus Mangel an Alternativen - nicht verlieren würde" schreiben dazu Felix Butzlaff und Oliver Nachtwey in ihrem Deutschland mit Frankreich und Großbritannien vergleichenden Artikel. Diese Rechnung ging nicht auf. Die sozialdemokratischen StammwählerInnen, die nicht die Partei wechseln, gehen einfach nicht zur Wahl.

Benjamin Mikfeld sieht die sozialdemokratische Perspektive in einem Programm sozialer und demokratischer Bürgerinnen- und Bürgerrechte als Antwort auf eine "neue demokratische Frage". Die ist für Mikfeld "die drohende Abkehr an beiden Enden der Gesellschaft: Die Depolitisierung der Enttäuschten und Prekären und die Gemeinwohlabkehr der Privilegierten", die sich milieuspezifisch in zwei Gesichtern zeige, "der distinktiven Bioladen-Gentrifizierung der urbanen Linksliberalen sowie in der Entfesselung der Nettomaximierungs-Leidenschaft der Leistungsindividualisten".

Mittwoch, 18. November 2009

Heute ich ... morgen du


Heute ich ... morgen du
(Oggi a me ... domani a te)
Italien 1967
Regie: Tonino Cervi
u.a. mit: Brett Halsey (Montgomery Ford), Bud Spencer, William Berger, Tatsuya Nakadai





Ein Film, der mich etwas unschlüssig zurückläßt. Ziemlich hölzern erscheinen Italowesternstandards wie eine Rückblende und eine Folterszene. Trotz der "dunklen" Hauptfigur (Brett Halsey als seine Frau rächender Bill Kiowa) ästhetisch am sauberen, hellen US-Western orientiert, wobei der an einen Dschungelfilm erinnernde Kampf der Bösen und Guten im Wald eine zwar interessante, aber nicht überzeugende Idee darstellte. Uninspiriert sind die schauspielerischen Leistungen - mit Ausnahme des outrierenden Bösewichts (Kurosawa-Schauspieler Tatsuya Nakadai), der als manische Grimasse wenn auch schlecht, so doch zumindest eigen interpretiert wird, bleibt Brett Halseys Spiel in Erinnerung, der den ganzen Film mit derselben ausdruckslosen Miene bestreitet.

Ulrich Bruckners Einschätzung als "kleines Meisterwerk" kann ich nicht folgen. Ja, die Kopie von Mustern der Glorreichen Sieben oder Sergio Leones Rückblende ist unverkennbar. "In einem Interview verkündete Cervi einst, dass er einen Film im typischen Samurai-Stil machen wollte, was ihm schließlich ziemlich gut gelungen ist." schreibt Bruckner. Das mag mit einem anderen Raster betrachtet stimmen, als Western hat der Film mich entäuscht.

Literatur:
Ulrich P. Bruckner, Für ein paar Leichen mehr. Der Italo-Western von seinen Anfängen bis heute. Stark erweit.u.aktual.Neuausg., Berlin 2006, S.227-229

Montag, 16. November 2009

Leobendorf, Burg Kreuzenstein

15.11.2009

Burg Kreuzenstein. Das heutige Gebäude wurde 1874-1906 als "Schauburg" errichtet, anstelle der ursprünglich aus dem 12.Jh. stammenden mittelalterlichen Burg, die im Dreißigjährigen Krieg 1645 von schwedischen Truppen gesprengt wurde.


Blick Richtung Wien


Blick über Leobendorf, dessen Fußballverein Anlaß des Ausflugs war.

Freitag, 13. November 2009

Arbeit und Wirtschaft, 9/2009 und 10/2009

Arbeit & Wirtschaft
Nr.9/2009
46 S.


Arbeit & Wirtschaft
Nr.10/2009
46 S.




Die Septemberausgabe setzt sich unter dem Motto des Blicks über den Tellerrand mit Neoliberalismus und Globalisierung auseinander. Von Weltverbesserung bis zur Realität der Kinderarbeit. Interessant auch ein Artikel über zwei fortschrittlichere Think Tanks in den USA (EPI, CAP).
Am spannendsten im Heft aber die Information über das grenzüberschreitende österreichisch-slowakische Gewerkschaftsprojekt ZUWINBAT ("Zukunftsraum Wien - Niederösterreich - Bratislava - Trnava") zur Vorbereitung der Arbeitsmarktliberalisierung 2011. Das klingt sehr gut, vielversprechend und weitsichtig.

In der Oktoberausgabe geht es, für eine Gewerkschaftszeitschrift zeitlich sehr passend, v.a. um Löhne und Lohnpolitik. Von Hintergründen des Arbeitskampfs in der Druckereibranche bis zur Einkommensschere zwischen den Geschlechtern.

Mittwoch, 11. November 2009

Datum 11/09



Datum
11/09
98 S.







Auch wenn ich einem kleineren Faible für eine gewisse Sportart fröhne, kann ich mit Sportwetten nichts anfangen. Auch wenn ich einen Fernseher habe und auf diesem nicht nur ARTE und 3Sat schaue, rufe ich bei keinen Quizshows an. Ich habe mittlerweile auch schon mein drittes Handy, etwas anderes als sie unbenützt gelöscht habe ich mit den darauf gespeicherten Spielen noch nie gemacht. Ich finde Computer und Internetz sehr praktisch (z.B. kann man damit bloggen) und vergeude manchmal blödsinnig Zeit damit, es erschließt sich mir aber nicht, warum ich irgendwelche Maxl bewegen, Massenmörderphantasien entwickeln oder mit mir selbst Karten spielen soll.

Wenn ich über den Reiz des Spielens rede, rede ich also wie der Pfarrer von der Ehe, der Blinde von der Farbe oder der Sportreporter vom Fußballspiel. Ich kann es nicht nachvollziehen. Ich habe keine Ahnung davon. Was ich verstehe, ist der Mechanismus der Sucht. Und der Mechanismus des Profits. Mit Pomp versuchen Casinos zu verdecken, daß sie Menschen ruinieren und Familien ins Unglück stürzen. Mit Sportsponsoring versuchen Glückspielanbieter und Wettfirmen im Internetz gesellschaftliche Akzeptanz dafür zu erlangen, daß sie niederschwellig leichtgläubigen Leuten Geld aus der Tasche ziehen können. Mit der Aufstellung von immer mehr Spielautomaten in sozialen Brennpunkten, nutzen private Firmen Tristesse, Perspektivenarmut und Hoffnungslosigkeit von Menschen aus, um sie durch die Vorgaukelung des schönen Scheins einer Gewinnchance und des Zeitvertreibs eines "Spiels" um ihr letztes Hemd zu bringen. Umso weniger diese Menschen haben, desto größer die Chance, daß sie ihr Geld in fehlgeleiteter Erwartung in den Automaten werfen. In Verkennung und Verschleierung des Grundgesetzes des Glücksspiels: die Bank gewinnt immer.

Es ist daher sozial- und gesellschaftspolitisch fahrlässig und falsch, solche Zustände um einiger Millionen Steuereinnahmen und der Schaffung eines "Marktes" willen, zuzulassen. Auch wenn ein schöngeistiger "Mir geht das alles schon so am Keks"-Intellektueller und Minister in statu abeundi, der ein selten wohl geordnetes Haus übergibt, einst sein philosophisches Brot mit dem Spiel und den Tränen finanziell zugrundegerichteter Existenzen verdiente.

Nikolaus Jilch legt mit seiner Reportage Heroin war gestern seinen Finger in eine klaffende Wunde. "Kleines Glücksspiel" nennt sich das Verbrechen, ganze Straßenzüge mit "Automatencafés", "Wettlokalen" und ähnlichem zu überziehen. "Jeder dritte Spielsüchtige hat vor seinem 19.Lebensjahr zu zocken begonnen; jeder zweite deswegen den Partner oder die Partnerin verloren. Die durchschnittlichen Schulden von Spielern, die von der Spielsuchthilfe betreut werden, betragen rund 41.000 Euro. Jeder fünfte Spieler verliert seinen Job, jeder zehnte die Wohnung. Ebenso viele sagen, dass sie schon an Selbstmord gedacht haben. Rund vier Prozent der Spielsüchtigen haben einen Selbstmordversuch hinter sich. Mehr als 16 Prozent sagen, dass sie kriminell gehandelt haben, um die Sucht zu finanzieren." spricht der Text eine klare Sprache.

Noch Fragen?

Danke für den Artikel. Sonst gibt es noch was über das Leben eines 100jährigen ukrainischen Nationalisten. Sowie die leider wenig ergiebige Idee, zwei große Egos aneinanderprallen zu lassen und sie ein Streitgespräch führen zu lassen - Florian Scheuba und Wolfgang Schüssel. Gut, Schüssel mit Fragen zu konfrontieren, denen er sich auf der Wolke, auf der er sonst lebt, nicht stellen muß. Schlecht, daß er durch wenig maieutische Fragekunst sofort auf Verteidigungshaltung schaltet und daher gar nichts herauskommt.

Dienstag, 3. November 2009

Die letzte Rechnung zahlst du selbst



Die letzte Rechnung zahlst du selbst
(Al di là della legge)
Italien/BRD 1967
Regie: Giorgio C. Stegani
u.a. mit: Lee Van Cleef, Antonio Sabàto, Lionel Stander, Graziella Granata, Bud Spencer, Herbert Fux






Trotz einiger gelungener Szenen und manch gut Kopiertem ist ein guter Film dann doch mehr als die Summe solch einzelner Teile. So bleibt das Lehrstück um die Versuchung des ehrlichen Lebens für den bisher mit beiden Beinen im Kriminal stehenden, sehr räudig spielenden Lee Van Cleef zu einfach gestrickt. Zu dunkel sind die Bösewichter (deren Chef sogar mit langem schwarzen Mantel), zu blond die Guten. Da bleibt für die Dazwischenstehenden, die Essenz des Italowesterns, zu wenig Platz. So entsteht ein Hybrid mit Elementen aus Italo- (Setting und Härte) US-Western (die Moral) mit einer getragenen hollwoodesken Orchestermusik als Soundtrack. Nicht so meins.