Mittwoch, 30. September 2009

Inglorious Basterds



Inglourious Basterds
USA/Deutschland/Frankreich 2009
Regie: Quentin Tarantino
u.a. mit: Brad Pitt, Mélanie Laurent, Christoph Waltz






Es ist Shosannas Film. Ihre Geschichte ist die interessante Erzählung, der fazinierende Handlungsstrang. Die im Titel genannte fiktive jüdisch-amerikanische Rächertruppe im deutsch besetzten Frankreich der 1940er Jahre ist dazu Beiwerk. Mit grauslichen Szenen des Skalpierens mit offenen Hirnansichten und in die Stirn der Nazis eindringendem Messer, das ihnen das Hakenkreuz als Kainsmal ins Gesicht schneidet. So abgestumpft bin ich leider nicht: Mir hat dabei irrsinnig gegraust. Das muß ich nicht sehen. Das will ich nicht sehen.

In das Gelächter des Kinopublikums über SSler und Gestapomänner habe ich leider auch nicht einstimmen können. Dazu weiß ich einfach zu viel über sie in der Realität als daß ich das einfach als fiktive, von realer Geschichte und realen Menschen unbelastete Situationskomik sehen könnte. Ich kann mir die realen Menschen und ihr Leiden zu sehr vorstellen als daß ich Bilder von SS-Männern, die jüdische Familien umbringen, und sogar von Nazisoldaten, die totgeprügelt werden, ähnlich konsumieren kann wie Hobbits, die mit Laserschwertern gegen Klingonen kämpfen. Tut mir leid. Auch wenn das den Film tragende Spiel mit der Sprache im Wechsel von Englisch, Französisch und Deutsch mich in der Kulmination der sich in Italienisch versuchenden amerikanischen Basterds, die vom idealtypisch kaltblütigen wie die Kultiviertheit vor sich her tragenden SS-Offizier aufgeplattelt werden, zum Lachen gebracht hat. Man darf über Hitler und Nazis lachen. Ich hab' oft nicht können.

Brad Pitt ist amüsant, allerdings nur in seiner Rolle als Brad Pitt. Christoph Waltz ist tatsächlich sehr gut, hätte ich nach den doch skeptisch stimmenden medialen Jubelorgien nicht erwartet. Daniel Brühl hab' ich nicht ausgehalten, was aber auch an dem wohl gewollten Kontrast zwischen seinem lieblichen Schwiegersohngesicht und seiner hochgradig unsympathischen Rolle liegen mag. Im Zentrum steht dennoch Mélanie Laurent als Shosanna. Die Tarantino-typische Frauenfigur, die in ihrer Biographie dargestellt wird und die Heldin des Films wird.

Ihre Geschichte hat mich am Film fasziniert. Nicht der Traum des Kinoverrückten Tarantino der Beendigung des Weltkriegs durch Ermordung der Naziführung in einem Kino, bei einer Filmpremiere, durch das Feuer von enzündeten Filmrollen. Nicht die kontrafaktische Vision der Heldengeschichte eines jüdischen Kommandotrupps auf Deutschenjagd im Zweiten Weltkrieg. Nicht die schlußendliche, ersehnte Demütigung des Naziverbrechers. Nicht die, ebenfalls tarantinotypischen, Anklänge an Italowestern.

Das war gut, hat mir gefallen. Eigentlich war mir das aber zu wenig gemessen an der Erwartungshaltung. Liegt aber auch an den hohen Ansprüchen. Wäre der Film von jemand anderen, wäre ich gnädiger. Tarantino hatte seine Zeit. Er steigert mit jedem Film den Aufwand, wird aber immer schlechter.

Mittwoch, 23. September 2009

Datum 9/09



Datum
9/09
98 S.







Interessant das Porträt des Vorarlberger Medienmonopolisten Eugen A. Russ mit der Philosophie "Ich glaube, du kannst dich zwischen Macht und Marktanteil entscheiden. Ich habe mich schon sehr früh für Letzteres entschieden." Da gibt es wen im Osten, der seinen Hund streichelt und das anders sieht. Nikolaus Jilch bringt dies auf den Punkt: "Eugen Russ könnte praktisch den nächsten Landeshauptmann küren. Tut er aber nicht. Er hat andere Interessen. Ihm geht es am Schluss fast nur um eines: ums Geld."
Also fast ein guter, wohlwollender Monopolunternehmer? Von einem bürgerlich-demokratischen Verständnis gäbe es da dann doch ein paar Einwände hinsichtlich der Wichtigkeit medialer Vielfalt für die Demokratie, was mehr ist als die Konkurrenz der Russ gehörenden Medien untereinander.
Die kapitalismuskritischen Nackenhaare stellt es bei der von Jilch beschriebenen Managementmethode auf: "Es gehört zu den Regeln des Geschäftsmannes Eugen Russ, dass jedes Jahr bis zu vier Prozent der Belegschaft gekündigt werden. Die sogenannten 'Minderperformer'." Ein netter Mensch. Institutionalisiertes Treten nach unten und Aufbauen von Streß und Angst. Also doch mehr Ebenezer Scrooge als platonischer Philosophenkönig.

Montag, 21. September 2009

St. Veit/Glan

20.9.2009

In die Kärntner Kleinstadt führte, wie kann es anders sein, ein Spiel von Rapid.


Bemerkenswert der 1911 bis 1913 in historistischem Stil errichtete Hauptbahnhof.


Besonders angetan hat es mir am Bahnhof das stilechte Wartezimmer.


Geschmacklich jenseits von gut und böse ist das "Ernst Fuchs Palast" benannte Hotel.


Hauptplatz


Verhältnismäßig viel ist noch von der Stadtmauer zu sehen. Hier am "Grabengarten". Hübsch da.


Herzogsburg - zumindest von außen nicht übermäßig imposant

Donnerstag, 17. September 2009

spw 172



spw
Heft 172 (4/2009)
Juli 2009
59 S.







Zum Denken regt ein Punkt aus dem Einleitungsartikel von Asiye Öztürk und Thilo Scholle zum Heftschwerpunkt über "blinde Flecken" in der Diskussion um Integration und Diskriminierung an.
"Während Betrachtungen der Sozialstruktur in der Bundesrepublik stets von unterschiedlichen Schichten und Milieus ausgehen, scheint es mit Blick auf die MigrantInnen in der öffentlichen Wahrnehmung stets nur eine einheitliche Gruppe 'der' Zuwanderer zu geben." schreiben sie. Gesellschaftliche Interessenkonflikte und politische Ziele verschwimmen so vor einem "unreflektierten 'Wir' – verbunden durch die ethnische Herkunft sowie bestimmte, angeblich 'von Allen geteilte Werte', und ein 'die Anderen'." So können dann etwa Feministinnen Seite an Seite mit den konservativsten Konservativen "für die Rechte 'der' muslimischen Frau streiten, ohne dass jemandem auffällt, dass die Vorstellungen dieser beiden Gruppen in Sachen Rolle der Frau mindestens so unterschiedlich sein können, wie zwischen Frauen, die sich dem muslimischen Glauben zurechnen."

Das Dilemma aller Integrationspolitik ist, daß im verbreiteten Alltagsverständnis "Integration" die Abschaffung jeglicher Differenz bedeutet, gleich Assimilation ist. Der rechte, xenophobe Diskurs hat hier eine Hegemonie, die bombenfest eingebunkert ist. Alle linken Bemühungen scheitern an der "wir" vs. "die anderen"-Schranke. So sehr auch in anderen politischen Diskussionen eine Differenzierung nach gesellschaftlicher Hierarchie, "wir da unten" vs. "die da oben", Armen und Reichen, Land und Stadt, Konservativen und Progressiven etc. möglich ist und praktiziert wird, hier gibt es nur "wir Einheimischen" und "die Ausländer". Ich bin da hinsichtlich eines Aufbrechens eher fatalistisch gestimmt.

Dienstag, 15. September 2009

Blätter, August 2009



Blätter für deutsche und internationale Politik
Heft 8/2009
128 S.








Zu den Vorgängen im Iran rund um die Präsidentschaftswahlen gibt es drei Artikel mit einigem an Hintergründen. Das ist es, warum ich diese Zeitschrift lese. Ich hoffe allerdings, daß es hierzu in kommenden Heften noch mehr geben wird.

Klemens Himpele bilanziert die kürzlichen Demonstrationen in Deutschland gegen die dortige Bildungspolitik im großen Bogen der studentischen Proteste 1988, 1997 und 2009. Trotz unterschiedlicher Strukturen sind die Ursachen der Bildungsmisere dort wie in Österreich ja ähnlich und auch die Universitätspolitik ähnlich katastrophal. Sowohl in der Kritik der Politik als auch der Beschreibung der Proteste sind die persönlichen Déjà-vus jedenfalls mannigfaltig.

Interessant für den Zeitungsjunkee ist noch der Artikel des Journalisten der Süddeutschen Zeitung Heribert Prantl über Qualität im Journalismus. Er schreibt über die eminente Wichtigkeit freier Presse für die Demokratie, falsche Analyse des "Zeitungssterbens" und einer Art "Selbstmord" der Medien durch Verringerung des Inhalts unter wirtschaftlichem Druck. Enttäuschend allerdings sein Lösungsmodell, der Appell an Mäzenatentum - "Es gibt ja nicht wenige kluge und verantwortungsbewusste Milliardäre in Deutschland." Abseits der gesellschaftspolitischen Implikationen, die Hoffnung auf einen reichen Onkel oder eine gutmütige Erbtante löst kein Strukturproblem.

Montag, 7. September 2009

Arbeit und Wirtschaft, 7-8/2009



Arbeit & Wirtschaft
Herausgegeben von AK und ÖGB
Nr. 7-8/2009
46 S.






Eine richtige Kriminalgeschichte bietet Maja Nizamov. Sie schreibt darüber, daß am 3. Juni zwei Männer versuchten, US-Staatsanleihen im Wert von 134 Mrd. Dollar aus Italien in die Schweiz zu bringen. Im Koffer mit doppelten Boden. Im Zug. Im Pendler-Regionalzug. Am Grenzübergang wurden sie von Zöllnern geschnappt. Völlig unklar und Gegenstand von Spekulationen sind die Echtheit der Papiere und die Hintergründe. Da gibt es sogar das Gerücht um eine Aktion des nordkoreanischen Geheimdienstes zur Destabilisierung der Finanzmärkte. 134 Mrd. Dollar sind jedenfalls sehr, sehr viel Geld. Sollten die Wertpapiere echt sein, hätte der italienische Staat Anspruch auf 40 Prozent der Summe, 38 Mrd. Euro - das wären fast 2,5% des italienischen BIP! Nicht schlecht. Ist es doch so, daß James Bond die Wirklichkeit ist?

Auch sonst dreht sich im diesem Heft alles ums Geld bzw. um den Finanzmarkt. Von Reichtum, Steueroasen und Privatstiftungen bis hin zu Regulierung, Armut und den Auswirkungen der "Krise des Nordens" im Süden der Welt.