Freitag, 30. Januar 2009

ÖZP 2008/3



Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft
2008/3
139 S.







Das Heft widmet sich dem Schwerpunktthema Europäische Parteien und die Europäisierung nationaler Parteien(systeme). Es gibt etwa Untersuchungen über Parteidisziplin im EU-Parlament oder das innerparteiliche Gewicht von EU-Parlamentsabgeordneten "zu Hause" - Kurt Richard Luther kommt zum Schluß, "that whilst MEPs enjoy increased ability to achieve their desired outcomes at the EU-level, few can convert that supranational autonomy into an analogous level of broader intra-party power."

Sarah Meyer und Sieglinde Rosenberger analysieren das Thema Europa im Nationalratswahlkampf 2006 und stellen dabei fest:
"Die EU wird primär von der EU-ablehnenden FPÖ politisiert, die als pro-europäisch zu charakterisierenden Parteien (ÖVP, SPÖ, Grüne) vermeiden es hingegen weitgehend, Europapolitik in den Parteienwettbewerb einzubeziehen. Diese Beobachtung gilt auch für das BZÖ, das die EU im Wahlkampf lediglich moderat kritisierte (oder überhaupt adressierte) - was wohl auf die Regierungsbeteiligung (2000-2006) zurückgeht." Es könne "zusammenfassend festgehalten werden, dass - mit Ausnahme der FPÖ - die Parteien in der EU-Politik eine Rolle als expressive agencies (Sartori 2005, 24) nicht wahrnehmen."

Methodologisch kann ich mich mit dem kultivierten Ansatz, Texte EDV-gestützt "codiert" zu vergleichen nicht anfreunden. Mir geht dabei zuviel an Wesenselementen eines Textes verloren. Politikwissenschaft sollte mehr sein als Messung und Mathematik, wo dann das Verhalten von Parteien in parlamentarischen Ausschüssen berechnet wird und dazu eine Formel namens "Prob (Y=1) = Λ (β1years + β2Term + β3Nation + β4Loyalty + β5Presence + ß6Prescence * Loyalty)" angegeben wird. Wie schon früher angemerkt, ich finde das seltsam und v.a. unverständlich. Da gibt es dann Tabellen, wo der Wert der Variable "Loyalty" für die sozialdemokratische PES -2,07 und für die konservative EPP -1,50 ist. Äh, ja.

Ich habe diese Wissenschaft einen Abschnitt lang durchaus studiert, mit heißem Bemühn. Aber da steh ich nun... und denk' mir: Bei mir war Politikwissenschaft anders - sonst hätte ich wohl keine Stunde durchgehalten.

Mittwoch, 28. Januar 2009

Prokla 153



PROKLA 153
Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
38.Jg., Nr.4, Dezember 2008
159 S.







Die USA nach Bush, ein aktuelleres und heißeres Thema hätte sich die Redaktion schwerlich aussuchen können.
Neben Texten über die Finanzkrise, die jetzt nicht so mein's waren, gibt es interessante Betrachtungen namens Obama und die Linke über Politik in den USA oder was über die "Desintegration der Christlichen Rechten".

Spannend der Artikel von Hae Lin Choi über die "widersprüchliche Entwicklung der US-Gewerkschaften zwischen Verzweiflung und Hoffnung", mit dem schönen, anspielungsreichen Titel State of the Union. Die Gewerkschaften haben in den USA in den letzten Jahrzehnten dramatisch an Mitgliedern und Einfluß verloren, sind mit Ausnahme weniger Bereiche geradezu marginalisiert. Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es Anstrengungen, mit aktivierenden Kampagnen Strukturen aufzubrechen ("Organizing") - der Slogan der bekanntesten dieser Kampagnen, "Si, se puede!" ("Ja, es ist möglich!") ist Pate für das mittlerweile fast welthistorische "Yes, we can!" gestanden. Doch mittlerweile haben sich die Gewerkschaften in internen Streit bis hin zur Spaltung des Dachverbands verstrickt. Hae Lin Choi versucht, dem Bild des Organizing als "Wundermittel" entgegenzutreten und ein komplexeres Bild der Entwicklung zu zeichnen. Fremd für unseren Blick Details aus der amerikanischen Landschaft wie "feindliche Übernahmen" von Betriebsbelegschaften durch Gewerkschaften, die so ihre Mitgliederzahl auf Kosten einer anderen erhöhen können.

Montag, 26. Januar 2009

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel


Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel
(Execution)
Italien 1968
Regie: Domenico Paolella
u.a. mit: John Richardson, Mimmo Palmara






Unerwartet beeindruckend schöne Bilder, tatsächlich sehr gut. Leider kann der Film aber trotz netter Ideen wie einer Folter mit Morgenstern und Blutegel angesichts einer verworrenen Geschichte über Gold und Freundschaft, die einen praktisch bis zum Schluß ratlos zurückläßt, inhaltlich gar nicht überzeugen.
Furchtbar dumm der deutsche Titel, der genau gar nichts mit dem Inhalt zu tun hat. Darüber hinaus spielt John Richardson eine Doppelrolle, zwei Brüder (Bill und John Coler), wie Michael Lippitsch berichtet - was in der deutschen Fassung aber nicht herauskommt, da aus dem einen Bill Django wurde.
Vielleicht liegt meine Ratlosigkeit also auch nur an der Lieblosigkeit der deutschen Synchronfassung.

Literatur:
Michael Lippitsch, Die 200 wichtigsten Italo-Western. Norderstedt 2006, S.72

Freitag, 23. Januar 2009

Der Hexenjäger


Der Hexenjäger
(Witchfinder General)
GB 1968
Regie: Michael Reeves
u.a. mit: Vincent Price, Ian Ogilvy







Der Film spielt im bürgerkriegsgebeutelten England der 1640er Jahre, wo ein vom Parlament konzessionierter "Hexenjäger" samt Gehilfen von Dorf zu Dorf zieht und dort gegen fürstliche Belohnung vermeintliche Hexen und Hexer "überführt", sprich foltern und hinrichten läßt. In einem Soldaten der siegreichen Armee Cromwells findet er schließlich seinen Gegner, nachdem Meister wie Gehilfe dessen Verlobte/Frau vergewaltigt und seinen Quasi-Schwiegervater umgebracht haben.

Hier beginnt mein Interesse an dem Film: Es entwickelt sich, in Kostümen des englischen 17. Jahrhunderts und im Rahmen des Horrorgenres, ein Western-Motiv: Der Soldat jagt den Hexenjäger, viel wird geschossen und auf Pferden durch die Gegend geritten, es kommt zum Schlußduell. 1968 - gerade noch die Zeit der Hochphase des Italowestern, dessen ästhetischen Einfluß man erkennen kann (nackte Gewalt, Folterszenen).

Als Horrorfilm mag der Film filmgeschichtlich bedeutsam sein, vier Jahrzehnte später entwickelt sich wenig "Horror". Aber das ist gut so. Mir graust ja schnell. Und ich will einen Film ja nicht mit geschlossenen Augen "sehen". Gut gezeichnet wird die moralisch verkommene, gewalttätige Atmosphäre einer bürgerkriegsgeschundenen Gesellschaft.

Mittwoch, 21. Januar 2009

Blätter, Jänner 2009



Blätter für deutsche und internationale Politik
Heft 1/2009
128 S.







Die "Blätter" haben in Reaktion auf ihre letztjährige Umfrage unter ihren LeserInnen das Heft leicht verändert - zum Positiven. Eine Spur mehr Polemik, aber nicht zu viel, keine eigene Umweltpolitik-Rubrik mehr, eine regelmäßige Rezension eines "Buchs des Monats", Beibehaltung der auf den Text fokussierten Bleiwüste (ich mag den Begriff irgendwie).
Am interessantesten war im Heft so eigentlich die Auswertung der Umfrage zu lesen. Man will ja wissen, wer außer einem selbst sonst noch so was liest (norddeutsche, ältere, linke, männliche Akademiker) - seit genau zehn Jahren und einer Ausgabe hab' ich die Zeitschrift jetzt abonniert.
Inhaltlich interessant waren Artikel über die politische Situation in Afghanistan und die Probleme der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in den ersten Jahr(zehnt)en der BRD.

Montag, 19. Januar 2009

Datum 1/09



Datum
1/09
114 S.







Die Jubiläumsausgabe zur 50. Heft lehrt, daß der Wirtschaftskämmerer Christoph Leitl aus einer Unternehmerfamilie stammt, in Oberösterreich am Land wohnt und die Sozialpartnerschaft mag. Wer hätte das gedacht.
Spannender ist da schon Andreas Kumps Artikel darüber, was ihn an seiner Heimatstadt Linz nervt, was ihm dort so gefällt und wie er die Stadt gerne anders hätte. Ich kenne ja wenig von Linz. Die Wege vom Bahnhof und von der Autobahn zum Stadion, einen Sitzungssaal in der Uni sowie Büros/Sitzungssäle von VSStÖ, SJ und SPÖ. Gibt's da noch mehr? ;-) Kump kritisiert Einfältigkeit und wirtschaftlichen Sumpf in Linz. Es gefällt ihm u.a., daß es "wohl keinen Punkt, kaum eine Kreuzung in Linz" gebe, "von der nicht ins Grüne geblickt werden kann". Hm, das ist jetzt nicht unbedingt der Sinn einer Stadt. Eine solche, von der man letzteres sagen kann, darf sich zumindest nach meinem Begriff nicht vollgültig "Stadt" nennen.

Die Beiträge zum Jubiläum waren jetzt nicht schlecht, haben mich aber dennoch eher unzufrieden zurückgelassen. Irgendwie hätte ich mir "mehr" erwartet gehabt ohne dieses "mehr" jetzt spezifizieren zu können.
Was ich an Datum mag...: Lange Texte über anderswo zu kurz kommende Themen, ohne störenden Firlefanz
und was nicht: viel zu oft eine Themensetzung, die mir ein müdes Gähnen abringt, und Artikel über Autos statt Gesellschaftskritik

Mittwoch, 14. Januar 2009

...der Rest ist Österreich







Helmut Konrad / Wolfgang Maderthaner (Hg.)
... der Rest ist Österreich
Das Werden der Ersten Republik
2 Bde.

Wien 2008
(Carl Gerold's Sohn Verlagsbuchhandlung)
392 S. + 304 S.
4 historische Karten









Ein neues Standardwerk über die ersten Jahre der Ersten Republik. Dank viel Freizeit rund um den Jahreswechsel war es mir glücklicherweise möglich, den zweibändigen Sammelband in verhältnismäßig kurzer Zeit zu lesen. Ein Genuß. Es beeindruckt auf den ersten Augenschein vor allem der Umfang. Bei der Lektüre fesselt dann der Inhalt - neben dem Text (Geschichtswissenschaft at its best) die gut ausgewählten und geschmackvoll präsentierten Photographien, die Karten sind eine nette Beilage.
Der erste Band beschäftigt sich mit dem Ende des Krieges, den neuen Staatsgrenzen und der neuen Politik in der turbulenten Anfangszeit der Republik. Der zweite Band ist der ökonomischen sowie der kulturellen Redimensionierung gewidmet.

Die Herausgeber Konrad und Maderthaner wollen mit ihrem Sammelband die "konstitutive Ambivalenz eines jungen Staates" ins Blickfeld rücken, die Erste Republik nicht "fast nur als Negativfolie zur Geschichte der Zweiten Republik" sehen. Nicht aufgrund der, in ihrer Massivität erdrückenden, Furchtbarkeit der Nazizeit den Blick auf die Bedeutung der Rolle des Ersten Weltkriegs und seiner Folgejahre als "Richtungsweisung für die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts" verlieren. Die Erste Republik hatte, wie sie schreiben, "ihre großen Probleme, von den Grenzziehungen über die Wirtschaftslage bis hin zur Militarisierung der Gesellschaft. Sie hatte aber auch ihre Meriten: die Verfassung, den Sozialstaat sowie wissenschaftliche und künstlerische Leistungen von Weltgeltung."
Für mich ist das größte Faszinosum der vergleichsweise wenigen Jahre von 1918/19 bis 1933/34 das hochaktive politische Leben dieser Zeit. Es war von derart großen Umwälzungen der politischen Rahmenbedingungen und persönlichen Lebensumstände der Menschen geprägt, wie wir sie heute nur schwer erfassen können. Das Hineinfallenlassen in Artikel, Bücher, Broschüren, Zeitungen, Protokolle der Zeit vermittelt immer wieder ein Bild von gleichzeitiger Nähe und Ferne - Vertrautheit der Orte, Umstände oder Themen bei völlig anderer Art von Lösungsperspektiven und Herangehensweisen. Dazu kommt die außerordentliche Suggestivkraft, die viele zeitgenössische austromarxistische Texte bei mir erzeugen.
K. hat mich unlängst gefragt, ob ich ein Lieblingsbuch habe - und ohne viel nachzudenken hab' ich Die österreichische Revolution von Otto Bauer (1923) genannt. Das kommt nicht von ungefähr.

Im ersten Band widmen sich zunächst zwei Beiträge von Manfried Rauchensteiner und Lutz Musner der Erfahrung des Weltkriegs. Rauchensteiner erzählt militärgeschichtlich, angereichert um die Eindrücke "einfacher" Soldaten, aber dennoch im wesentlichen aus der Perspektive der Kriegsführung ("Der Matrosenaufstand ließ sich niederschlagen; die Rädelsführer wurden erschossen."). Musner nähert sich dem Geschehen eher kulturell und zeigt, wie der Krieg "ein schützendes Siegel der Moderne aufgebrochen und so Gewalt- und Zerstörungslogiken freigesetzt hat, wie sie bis dahin auf den europäischen Kriegsschauplätzen unbekannt gewesen waren." Notabene auf den europäischen, die Völker der "Kolonien" hatte diese Seite der modernen Menschenverachtung bereits kennengelernt. Jedenfalls war dies die Voraussetzung für die bereits angesprochene Militarisierung von Gesellschaft und Politik in der Ersten Republik.

Neben Wolfgang Maderthaners essayistischer Zeichnung der "österreichischen Revolution" habe ich mit großem Interesse Ernst Hanischs Artikel über Otto Bauers Zeit als Außenminister 1918/19 gelesen. Wohl derjenige Aspekt seines politischen Wirkens, mit dem ich mich bis jetzt am wenigsten auseinander gesetzt habe. Ich kenn sonst niemand aus dem katholischen Eck, die/der wie Hanisch pointiert, durchaus kantig und kritisch, aber immer kenntnis- und faktenreich über Bauer schreibt. Das hat mir schon an dessen vor Jahrzehnten erschienenem Beitrag über Otto Bauer als Historiker gefallen.

Unbekannt waren mir bisher die Details der Vorarlberger Anschlußbewegung an die Schweiz und deren antisemitische Komponente zur angestrebten Trennung vom "Wiener Judenstaat". Hochinteressant dabei auch der "Seitenwechsel" Liechtensteins. War es zuvor wirtschaftlich in Österreich-Ungarn integriert, das auch seine diplomatische Vertretung über hatte, übernahm diese wie die meisten wirtschaftlichen Belange (Post, Zoll, Währung) dann die Schweiz.

Einer der Schlüssel zum Verständnis der Wirtschaftspolitik der Zeit ist die Erfahrung der Inflation. Oft genug gelesen und gehört und auch für sehr plausibel gehalten. Aber dennoch stockt man doch, wenn man sich die konkreten Auswirkungen auf die, auf einen Menschen vorstellt, wenn Wirtschaftshistoriker Fritz Weber im zweiten Band referiert: "Die deutsche Reichsmark fiel auf ein Billionstel ihres Vorkriegswertes, der deutsche Rubel auf ein 15-Milliardstel, die polnische Mark auf ein 800-Tausendstel, die ungarische Krone auf ein Viertausendstel. Der Wert der österreichischen Krone betrug am Ende der Inflationsperiode nur noch ein 14.400stel des Goldwertes."
Oder wenn Herbert Matis schreibt, "Insgesamt erfuhr die Masse der Bevölkerung durch den Krieg einen durchschnittlichen Realeinkommensverlust von rund 50 Prozent." Sehr spannend in diesem Zusammenhang Peter Bergers Parallelisierung des "plötzlichen Auftauchens der russischen Oligarchen nach 1989 ... zum Aufstieg einer Schicht von Nouveaux riches am Beginn der Ersten Republik".

Um auf alle Beiträge der beiden Bände eingehen zu können, müßte ich fast einen eigenen Blog aufmachen. Das mache ich nicht. Daher nur noch einige Schlaglichter. Deborah Holmes schreibt über Reformpädagogik, Johann Brazda und Robert Schediwy über die Konsumgenossenschaften, sehr interessant. Dazu die zu erwartenden "Klassiker" wie Roman Horak über die Entwicklung des Fußballs zum Publikums- und Massensport (die in die ersten Jahre der Republik fällt) sowie die damit einhergehende "Massen-Gewalt", Alfred J. Noll über die Verfassung, Gerhard Botz über politische Gewalt, Gabriella Hauch über den Genderaspekt oder Rolf Steininger über Südtirol.

Karin Maria Schmidlechner verweist in ihrem Beitrag über Die neue Frau? auf die Argumentation von Maureen Healy, daß die Kriegsjahre mindestens genauso gut als Anfangsjahre der nachfolgenden Epoche zu behandeln sind wie als Endzeit der Monarchie, als die sie üblicherweise betrachtet werden. Alte Hierarchien gerieten allerorts in "Unordnung". Das ist der Ansatz, von dem aus betrachtet die Geschichte von Erstem Weltkrieg und Erster Republik ihren Reiz gewinnt.

Montag, 12. Januar 2009

Django - Den Colt an der Kehle


Django - den Colt an der Kehle
(Chiedi perdono a Dio, non a me)
Italien 1968
Regie: Vincenzo Musolino
u.a. mit: Giorgio (George) Ardisson, Anthony Ghidra





Ein Rachewestern (die Familie des Helden wird ermordet, er nimmt Rache an den Tätern und der ganze Bande...), in dem die Worte sehr reduziert sind. Die Geschichte wird über die Gewalt erzählt, weniger über Dialoge. Der Hauptdarsteller Ardisson ist leider etwas unglaubwürdig in seiner Rolle, doch die Bilder des Films sind sehr schön und trösten darüber wie über die nicht besonders tolle Musik hinweg.

Highlight ein Revolverheld, der fast 1:1 (minus dem Patronengürtel mit Pistole) in der Aufmachung von David Hasselhoff aus Knight Rider aufgetreten ist (also für einen Western eher unpassend...): Frisur, offene schwarze Lederjacke, enge dunkle Jeans - alles hat gestimmt. Er hat sogar einen Besoffenen gespielt, also auch das Spätwerk von Hasselhoff vorweggenommen! Also entweder dieser oder jemand aus der Produktion der Serie muß in den 80er Jahren diesen alten Film gesehen und die Figur zum ästhetischen Vorbild genommen haben.

Freitag, 9. Januar 2009

Europäische Rundschau 2008/4




Europäische Rundschau
4/2008
160 S.







Die politische Situation Österreichs, nach dem Tod des unsäglichen Jörg Haider und zu Beginn einer Neuauflage der Großen Koalition, sowie europapolitische Fragen wie der Perspektiven der EU-Mission im Kosovo (sehr informativer Artikel von Elizabeth Pond) oder die Diskussion um den Beitritt zur Währungsunion in der Slowakei und Tschechien und die Erfahrungen Bulgariens als EU-Mitglied. Leider sind mir letztere Artikel zu "unpolitisch" in dem Sinn, daß sie die Staaten - in traditioneller außenpolitischer oder wirtschaftswissenschaftlicher Betrachtungsweise - als homogene Akteure und nicht als Austragungsort divergierender gesellschaftlicher Interessen (das was gemeinhin als "Innenpolitik" und "interner Streit" firmiert) begriffen werden. Das läßt die Interpretation manchmal zu kurz greifen.

Trautl Brandstaller bietet eine zwar nicht innovative oder neue, aber zur Auffrischung dennoch gute Rückschau auf Haiders Aufstieg und Ende. Zum wiederholten Mal stoßen mir aber Faktenfehler auf, die bei mir den Wert eines Artikels unbeschadet seines sonstigen Gehalts immer gleich rapide sinken lassen. Erhard Busek war bei der Wahl 1990 nicht ÖVP-Obmann, Haider hat seine Rede vor SSlern nicht 1991 gehalten... Kleinigkeiten, ja, aber gibt es denn wirklich kein Lektorat?

Mittwoch, 7. Januar 2009

Tepepa



Tepepa
Italien/Spanien 1968
Regie: Giulio Petroni
u.a. mit: Tomás Milian, Orson Welles, John Steiner





Wunderschön stimmungsvoll photographiert, dazu gute Musik von Ennio Morricone und sehr gutes Spiel von Tomás Milian als mexikanischer Revolutionsheld und Orson Welles als unguter Militär. Inhaltlich als Revolutionswestern gleich sympathisch, aber vom Spannungsbogen mit Ausnahme des grande finale leider eher mittelmäßig. Wobei dies allerdings durch das Aufzeigen und Beleuchten moralischer Widersprüche zu relativieren ist: Auch die "Guten" tun Böses. Diese Komponente macht den Film (neben dem Auftauchen von Orson Welles in einem Italowestern) interessant und gut.

Freitag, 2. Januar 2009

It's a Free World



It's a Free World
GB/D/I/E 2007
Regie: Ken Loach
u.a. mit: Kierston Wareing, Juliet Ellis







Der für seine sozialkritischen Filme geschätzte Regisseur Ken Loach erzählt die Geschichte von Angie und ihren Bemühungen, im London/England/der EU/der Welt von heute als selbständige Leiharbeitsvermittlerin, gemeinsam mit ihrer Freundin Rose, den ersehnten sozialen Aufstieg zu schaffen: viel Geld haben, kein Job-Hopping mehr und dann endlich Zeit für das, einstweilen den Großeltern überlassene, Kind haben.

Dafür geht sie als Einzelkämpferin im neoliberalen Kapitalismus zwar nicht buchstäblich über Leichen, aber bewegt sich an der Grenze von legaler und illegaler Beschäftigung und Aufenthaltsbestimmungen und beutet mit hohem Gewinn die Gutgläubigkeit hoffnungsfroher osteuropäischer ArbeitsmigrantInnen aus. Diese werden für viel Geld nach England gelotst, um dort zu schlecht oder sogar nicht bezahlten Arbeiten fernab von sozialen und gesundheitlichen Standards und Schutzbestimmungen herangezogen zu werden.

Schlechtes Gewissen bricht bei Angie nur einmal kurz durch, als sie zeitweilig einer Flüchtlingsfamilie hilft. Sonst begegnet sie Vorhaltungen, etwa ihres Vaters, mit cooler Toughness. Doch sie verstrickt sich immer mehr im Strudel, strampelt, doch zieht schließlich ihre Familie in Mitleidenschaft und kann und will hier nicht mehr heraus. Auch wenn Rose entsetzt über die moralische Skrupellosigkeit - "I'm no saint, but I'm ashamed" - kurz aussteigt (diesmal buchstäblich), am Schluß dreht sich das Rad doch weiter.

Ken Loach bietet diesmal eine neue Perspektive auf soziale Verwerfungen, indem er aus der Sicht einer Ausbeuterin erzählt - wenn auch als verhältnismäßig kleines Rädchen im System. Er bleibt aber bei einem sehr harten Blick auf die Welt. Eine Welt, wo Freiheit sehr einseitig interpretiert wird.

Donnerstag, 1. Januar 2009

Blätter, Dezember 2008



Blätter für deutsche und internationale Politik
Heft 12/2008
113 + XV S.







Neben ein bisserl was über die Folgen der Finanzkrise und die Ideologie des Neoliberalismus (aus Bourdieu-Perspektive beschrieben) gibt es einige interessante Artikel zu den Präsidentschaftswahlen in den USA und deren Ausgang. Die kurzen Texte sind zwar erkennbar unmittelbar nach den Wahlen geschrieben, ich schätze es aber ohnehin viel mehr, politische Analysen der Vergangenheit aus späterem Blickwinkel zu lesen als Aktuelles.
Ich habe nicht alle Statistiken der US-Wahlen studiert und wochenlang CNN oder anderes geschaut, wie wohl manch andere. So habe ich Albert Scharenbergs Hinweis bemerkenswert gefunden, daß Obama "sowohl von den Reichsten wie auch insbesondere von den Ärmsten gewählt [wurde], während die Wähler aus mittleren Einkommensgruppen sich nahezu gleichmäßig zwischen den beiden Kandidaten aufteilten.".
Eines von "Obamas Dilemmata" laut Scharenberg, dessen historischen Wahlsieg er auch in Hinblick auf die Frage des Rassismus "von einer bemerkenswerten Dialektik gekennzeichnet" sieht.