Freitag, 31. Oktober 2008

Blätter, Oktober 2008



Blätter für deutsche und internationale Politik
53.Jg., Heft 10/2008
128 S.






Die Oktober-Blätter-Ausgabe bringt u.a. eine Analyse der amerikanischen Politikwissenschaftlerin Samantha Power, die im Vorwahlkampf im Obama-Team war, über die Frage der außenpolitischen Kompetenz der Demokratischen Partei im Präsidentschaftswahlkampf der USA. Sie stellt die Frage der Außenpolitik, in den letzten Jahrzehnten republikanisches As und demokratisches thematisches Problem, in historischen Kontext, analysiert die aktuelle Situation im Wahlkampf, bringt hierzu Umfragedaten, diskutiert die Literatur zum Thema. Sehr spannend. Zental ist das problemanalytische Zitat Bill Clintons aus dem Jahr 2002, daß strong and wrong eher ankommt als smart and right ("Wenn die Leute sich unsicher fühlen, haben sie lieber jemanden, der stark ist und irrt als einen der Recht hat, aber schwach ist.").

Daneben gibt es auch interessante Artikel über den georgisch-russischen Krieg oder die politische Situation in Bolivien und Thailand. Ich mag die hochqualitativen Hintergrundberichte dieser Zeitschrift, da sie die Lektüre der Außenpolitikseiten der Tageszeitungen viel aufschlußreicher machen.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Ried im Innkreis

28.10.2008

Schon x Mal in Ried gewesen, aber außerhalb des Stadions blieb die Stadt terra incognita. Diese brennende Bildungslücke wurde gestern mit einem kleinen Stadtrundgang vor dem Rapid-Match geschlossen. Fazit: Die Altstadt ist sehr kleinstadttypisch. Der Hauptplatz schaut dabei nett aus, aber in Zukunft werde ich wieder nur mehr das Stadion besuchen.

Blick auf den Kirchturm


Hauptplatz, Blick auf das Rathaus mit Turm


rechts das Schärdingertor, altes Stadttor


Altes Braugasthaus

Montag, 27. Oktober 2008

Eine Pistole für Ringo


Eine Pistole für Ringo
(Una pistola per Ringo)
Italien/Spanien 1964
Regie: Duccio Tessari
u.a. mit: Giuliano Gemma, Fernando Sancho





Die Kostüme sind sehr US-Westernlike, also sehr sauber (Highlight: die schwarzglänzend polierten Schuhe Ringos in seiner ersten Szene - etwas untypisch und unauthentisch für einen im Staub stehenden Westernhelden.

Aber das war's: Mehr an Kritik fällt mir nicht ein. Giuliano Gemma in einer der wenigen Rollen, in der er mir gefällt. Er rettet die als Geisel genommene Gutsbesitzerfamilie vor den Banditen (die täglich zwei Geiseln erschießen, aber eh "nur" die LandarbeiterInnen und DienstbotInnen, da wird kein großes Aufheben gemacht...) in stimmungsvoller Kulisse. Und das ganze spielt sich zu Weihnachten ab (wiewohl unter sengender Sonne) - mit dem Höhepunkt als der Bösewicht zum Schluß tödlich getroffen niederfallend den Baum umstößt. Eine sehr kurzweile Westernunterhaltung at its best.

Wie Ulrich Bruckner lehrt, war der Film der Startschuß für die Italowesternkarrieren von Gemma (als idealtypischer braver schöner Guter) sowie Fernando Sancho, der noch in unzähligen Filmen den mexikanischen Banditen darstellte.

P.S.: Im Vorspann fingiert Antonio Negri als Produktionsleiter. Ist das der Negri?

Literatur:
Ulrich P. Bruckner, Für ein paar Leichen mehr. Der Italo-Western von seinen Anfängen bis heute. Stark erweit.u.aktual.Neuausg., Berlin 2006, S.57-59

Samstag, 25. Oktober 2008

Europäische Rundschau 2008/3

Europäische Rundschau
36. Jg., Nr. 3/2008
136 S.



ÖVP-Spitzenkandidat Wilhelm Molterer darf sich prominent präsentieren (die folgende Wahl hat er trotzdem verloren, ätsch). Der Deutsche Walter Schilling darf wieder verrückte Verschwörungstheorien spinnen: Das Parteiprogramm der SPD von 2007 beinhalte die Absicht "einige fundamentale Bestimmungen des Grundgesetzes mißachten" zu wollen, da sich darin das Bekenntnis zum demokratischen Sozialismus befindet (padautz!). Aber Schlling beruhigt, "das Kalkül der SPD-Führung, mit der Benennung des derzeitigen Außenministers Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidat die wahren Koalitionsabsichten zu verdecken, wird nicht aufgehen." Was für ein Szenario! Den Rechten zum Kandidaten machen, um mit der Linkspartei eine Koalition einzugehen und den Kapitalismus zu stürzen. Aber: "Niemand sollte sich damit beruhigen, daß die von einer Regierungskoalition der extremen Linken konkret angestrebten Maßnahmen des Systemwechsels zum Sozialismus letztlich ein Fall für das Widerstandsrecht gemäß Artikel 20 des Grundgesetzes wären." Diese Drogen möchte ich nicht nehmen.

Zur SPÖ schreibt Peter Michael Lingens einen wie üblich verqueren Artikel (der späte Nenning ist fast erreicht), Anton Pelinka einen diskussionswürdigen Beitrag und Trautl Brandstaller eine streitbaren Text anläßlich des gerade aktuellen Buchs von Norbert Leser (beutel) über die SPÖ. Leider verliert der Artikel durch einige historische Faktenfehler (da bin ich i-tüpferl-fixiert...) - ein (besseres?) Lektorat hätte abhelfen können. Wie hat Anton Pelinka bei der Präsentation von Lesers Buch so schön gesagt: Es ist mehr ein Buch über Leser als eines über die SPÖ.

Interessant sind die Skizzen aus dem heutigen Serbien von Vedran Džihić.

Freitag, 24. Oktober 2008

Irre



Werbeplakat in den Straßen Berlins, aufgenommen von meiner Schwester vorige Woche - bei dem Fotocasting mit Model Christoph Grissemann als "Irrem" wär' ich dabei gern gewesen ;-)

Mittwoch, 22. Oktober 2008

Kugeln tragen keine Unterschrift



Kugeln tragen keine Unterschrift
(Due volte Giuda / 2x Judas)
Italien/Spanien 1969
Regie: Fernando Cicero
u.a. mit: Klaus Kinski, Antonio Sabàto, Cristina Galbo, Pepe Calvo





Ein intelligentes Drama zweier Brüder im Italowesterngewand. Einer der Brüder hat sein Gedächtnis verloren und taumelt zu Beginn durch die Handlung, ohne Recht zu wissen was warum geschieht. Und den ZuschauerInnen geht es genauso. Langsam, schrittweise erkennt der Held - und mit ihm das Publikum - um was es geht. Und das ganze in wunderschönen Bildkompositionen. Auch wenn's zu Beginn verwirrend ist: Ein ziemlich guter Film!

Montag, 20. Oktober 2008

Florenz

18.-19.10.2008

Der Besuch in Florenz war, wie es sich gehört, eine Verbindung aus Stadtbesichtigung und Matchbesuch. Ich kann nur sagen: sehr schön, sehr schön! Eine Reise wert. Und: SchülerInnendemos in Italien schauen genauso aus wie bei uns.

Die Piazza Santa Maria Novella im Morgengrauen. Blick auf die gleichnamige Kirche (13.Jh.) mit in Florenz immer wieder zu sehender Renaissance-Fassade (15.Jh.) aus verschiedenfarbigem Marmor.


Mercato Centrale (Markthalle)


San Lorenzo. Renaissancekirche des Architekten Filippo Brunelleschi. Darin gibt's eine berühmte Bibliothek und die Fürstengruft der Medici.


Palazzo Medici-Riccardi. Renaissancepalast der Medici aus dem 15.Jh., als sie in einem bürgerlich-republikanischen Stadtstaat noch nicht unumschränkt herrschen konnten. In Wien sieht man so was als Stilkopien aus dem 19.Jh. (in der Teinfaltstraße geh' ich täglich dran vorbei), hier ist's 400 Jahre älter und original.


Duomo (Santa Maria del Fiore) mit prägnantem Kuppelbau, eine technische Pionierleistung der Renaissance (Filippo Brunelleschi), im Hintergrund. Im Vordergrund rechts das Battistero San Giovanni (Taufkirche des hl. Johannes).


Portalansicht des Doms. Die Fassade aus weißem, grünen und rotem Marmor stammt im Gegensatz zum gegenüberliegenden Battistero aus dem 19.Jh.


Porta del paradiso von Lorenzo Ghiberti, berühmte Bronzetür des Battistero San Giovanni (15.Jh.)


Palazzo Vecchio. Der burgartige gotische Palast war Sitz der republikanischen Stadtregierungen und hernach fürstlicher Palast der Medici, nachdem sie ihre Herrschaft ab 1530 dauerhaft durchsetzen konnten. Auch heute Sitz der Stadtregierung.


Vor dem Palazzo Vecchio steht der David von Michelangelo (in Kopie, Original im Museum). Heute leider eingerüstet.


Palazzo Vecchio, primo cortile (erster Innenhof)


Palazzo Vecchio, Salone di Cinquecento (Saal der Fünfhundert), 1495. Riesiger, beeindruckender Sitzungssaal, der die Aufgabe, die Macht der Stadt Florenz in der Renaissance darzustellen, tatsächlich erfüllt.


Palazzo Vecchio. Die Tour durch den Palast beeindruckt durch die einheitliche originale Renaissancepracht.


Blick aus dem Palazzo Vecchio auf die Piazza della Signoria. Signoria hat die Regierung der Stadtrepublik geheißen, deren Vorsitzender übrigens den schönen Titel Gonfaloniere della Giustizia (Bannerträger der Gerechtigkeit) hatte. 1250 löste eine Patrizier-Regierung die Adelsherrschaft ab, seit 1293 regiert eine neunköpfige Signoria die Republik, in der ab 1434 die Familie der Medici die Vorherrschaft gewann. 1494 wurden die Medici vertrieben, dann folgten vier Jahre Gottesstaat unter Savonarola, dann 1502-1512 Republik, Rückkehr der Medici, 1527-1530 erneut Republik und dann 1532 endgültige Rückkehr der Medici, nunmehr Herzöge und später Großherzöge der Toskana. Das Reiterstandbild von Cosimo I. de' Medici aus dem Jahr 1594 war das erste öffentlich aufgestellte Denkmal seit der Antike.


Ponte Vecchio, Brücke über den Arno. Im 13. Jh. wurden auf der Brücke Geschäfte und Wohnungen errichtet, seit 400 Jahren nur mehr Goldschmiede.


Ponte Vecchio, Blick über den Arno und auf die Büste von Benvenuto Cellini (1900), bekannt als Schöpfer der geraubten und wiedergefundenen Saliera.


Italien!


Porta Romana. Erhaltenes Stadttor (1326)


Blick über die Stadt, Piazzale Michelangelo. Schön zu sehen der Turm des Palazzo Vecchio (links), der Dom mit Campanile und Kuppel (Mitte) und die Kirche Santa Croce (rechts)


Blick über die Stadt, Piazzale Michelangelo. Links sehr schön der Verlauf der Stadtmauer zu sehen, rechts Ponte Vecchio über den Fluß Arno.


Santa Croce (13.-15. Jh.), mit der für Florenz typischen Marmorfassade. In der Kirche gibt es viele Grabmäler. Allerdings ist 5 Euro Eintritt zu zahlen und das war mir selbst das Grab von Niccolò Machiavelli dann doch nicht wert.


Santa Croce, Blick in den Primo Chiostro (ersten Kreuzgang)


Piazza Santa Croce, Blick von den Stufen der Kirche auf den Platz, auf dem in der Renaissance ein fußballähnliches Spiel ausgetragen wurde.


SchülerInnendemo gegen die Bildungsministerin von Berlusconi


Fortezza da Basso (1534). Nach der endgültigen Rückkehr der Medici 1532 nach zweimaliger Vertreibung festigten sie ihre Herrschaft über die Stadt durchaus martialisch. Der Festungsbau war auch Bedingung dafür, daß der Habsburger Karl V. dem Herzog Alessandro seine Tochter heiraten ließ.

Freitag, 17. Oktober 2008

Datum 10/08



Datum
Oktober 2008
98 S.








Die bisher beste Nachbereitung der Nationalratswahl, die ich gelesen habe sind die Seiten des Datum, in denen ausländische Österreich-Korrespondenten ihre Sicht von Wahlkampf und Wahl darlegen. Und zwar nicht die üblichen Verdächtigen, sondern die Korrespondentin des mongolischen Fernsehens, Leute aus Ägypten und Rußland oder der Berichterstatter einer Pekinger Tageszeitung mit einem höchst skurillen Kommentar. Er schreibt "Im Sinne der Ganzkörpertheorie der Traditionellen Chinesischen Medizin sehe ich nach dieser Nationalratswahl einige Gleichgewichte im 'Körper Österreich' gestört." und kritisiert, daß in der Politik zu viel debattiert und zuwenig schnell entschieden wird sowie die Medien politische Entscheidungen "objektiver wahrnehmen und analysieren" sollten. In China geht das halt alles anders... Großes Kino!

Die prägnanteste Charakterisierung der Spitzenkandidaten des Wahlkampfs stammt von Oscar Sanchez, aus Mexiko:
"Könnte nicht der Grünen-Chef Alexander Van der Bellen als der Zinedine Zidane der österreichischen Spitzenpolitiker gesehen werden? Er wirkt ruhig und überlegt, übersieht das Spielfeld, und eine gewisse Eleganz ist ihm, trotz seines gesetzten Alters, nicht abzusprechen.
Im Gegenzug dazu wirkt Herr Strache wie Marco Materazzi: jung, attraktiv, stark in der Verteidigung, aber ohne jede Hemmung, seine Gegner zu foulen. Herr Molterer wiederum könnte mit Bernd Schuster verglichen werden, dem Trainer von Real Madrid: ­sicher ein guter Coach, aber viel zu farblos und ohne Fähigkeit, die Massen zu ­begeistern. Wie das Wahlergebnis hinlänglich bewiesen hat. Der attraktive Herr Faymann dagegen hat etwas von David Beckham. Samt starker Frau an seiner Seite, wie man hört.
Und der Kärntner Landeshauptmann? Kennen Sie die Geschichte vom Schlächter von Bilbao? Der argentinische Fußballgott Diego Maradona, der 1983 bei Barcelona spielte, wurde von Bilbaos Andoni Goikoetxea derart böse gefoult, dass er sich das Bein gebrochen hat und vier Monate lang pausieren musste. 'Goiko' bekam während des Spiels nur die gelbe Karte, wurde später allerdings nachträglich bestraft und für 18 Spiele gesperrt.
Beim letzten Match vor Antritt seiner Sperre wurde er von den baskischen Fans frenetisch gefeiert und in einem Triumphzug auf den Schultern aus dem Stadion getragen. 2007 wurde 'Goiko' von der
Times zum 'gewalt­tätigs­ten Fußballer' aller Zeiten gewählt."

Es erschließt sich der/dem Fußballunkundigen vielleicht nicht die Brillanz der Vergleiche, aber das ist die absolut beste journalistische Leistung, die ich im Zusammengang mit der Wahl überhaupt gelesen habe.

Sehr interessant ist im Heft noch der Vorabdruck aus der Biographie Oscar Bronners. Die wird man lesen müssen. Dann doch noch ein dicker Minuspunkt: Unnötig, den alten rechten Recken Richard Nimmerrichter, der jahrzehntelang an der Vergiftung des politischen Klima in diesem Land führend beteiligt war, als friedlichen Pensionisten auf seiner Terrasse am Wörthersee (in Kärnten, wo sonst...) zu porträtieren. Sorry, aber was soll ich daraus lernen außer daß er lebt so wie andere reiche ältere Herren in Pension auch?

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Adios Gringo



Adios Gringo
(Adiós Gringo)
Italien/Spanien/Frankreich 1965
Regie: Giorgio C. Stegani
u.a. mit: Giuliano Gemma, Evelyn Stewart (Ida Galli), Roberto Camardiel





Saftige grüne Wiesen. Da stellt es mir immer gleich die Haare auf, denn das ist keine Italowesternlandschaft wie sie sich gehört (Staub, Dreck, Wüste). Auch sonst könnte der Film von Stil und Inhalt lange durchaus auch ein (dafür dann harter) US-Western aus den 1950er Jahren sein. Einzig in der Schlußphase, mit Prügelei und Schießereien in den Bergen kommt etwas Pep hinein. In Summe ist der Film aber zu brav, stromlinienförmig. Und das trotz der Thematisierung der gesellschaftlichen Stigmatisierung einer vergewaltigten Frau - auch eine Leistung.

Dienstag, 14. Oktober 2008

spw 166


spw
Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft
Heft 166 (6/2008)
September 2008
58 S.





"Die Zeit der selbstverständlichen Privatisierung öffentlichen Besitzes geht zu Ende, die Grenzen der Übertragung öffentlicher Aufgaben auf private Anbieter sind in vielen Ländern und Kommunen erreicht und zum Teil überschritten worden. Die Erfahrung mit den empfohlenen Behandlungen führt dazu, dass politische EntscheidungsträgerInnen neoliberal angeleiteten Rezepten zunehmend kritisch gegenüberstehen."
Dies konstatiert die SPW und widmet sich unter dem Titel Staatswirtschaft 3.0 öffentlichen Unternehmen. Beispiele von Privatisierungen in Deutschland werden kritisch kommentiert (Energiewirtschaft, deutsche Bahn) und kommunalpolitischen Akteuren Platz für die Darstellung ihrer Sichtweise zur Daseinsvorsorge geboten.

Verunglückt ist das Schlußinterview 5 Fragen an.... Wie schon vor ein paar Ausgaben gibt es ein fiktives Interview mit einer verstorbenen historischen Parteigröße, diesmal mit August Bebel. Beim ersten Mal war's ja noch eine nette Spielerei, aber Bebel Aussagen wie "Das Thema Umweltschutz haben wir damals völlig unterschätzt" in den Mund zu legen ist einfach nur manipulativ. Das sollte man nicht tun.

Samstag, 11. Oktober 2008

Scarface



Scarface
USA 1983
Regie: Brian De Palma
u.a. mit: Al Pacino, Steven Bauer, Michelle Pfeiffer, Mary Elizabeth Mastrantonio






Nach langen Jahren wiedergesehen, noch dazu auf Englisch (DVD sei Dank). Der Film spielt in einem sehr farbenfrohen kubanisch/kolumbianischen Drogenmafiamilieu in Florida, womit sich Regisseur Brian De Palma laut Experten das Verdienst der Erneuerung des Gangsterfilms erworben hat. In der Tat ist Martin Scorseses Good Fellas als ein Highlight des von mir so geschätzten Italo-Mafia-Films visuell ohne Scarface wohl nicht vorstellbar. Das ganze Farbenspektrum der 70er/80er ist vertreten.

Auch die von Al Pacino (man ist geneigt zu sagen: natürlich) grandios verkörperte Hybris, die dem Aufstieg unweigerlich folgt und dem rasanten Fall vorangeht, setzte ganz offensichtlich Standards. Und die Nachtklub-Szenen aus der erneuten diesbezüglichen Zusammenarbeit von Pacino und De Palma in Carlito’s Way haben hier ihr Vorbild.

Der Aspekt des italienischen Familiennetzwerks ist es, der Mafiafilme in ebendiesem Milieu für mich noch interessanter, weil verspielter, verzweigter, macht als den klassischen Gangsterfilm - auch wenn in Scarface die Mutter und natürlich v.a. die Schwester, Mastrantonio, für die Erzählung sehr wichtig sind - das schlechte Gewissen gegenüber der Mutter und der zur Katastrophe übersteigerte Schwester-Beschützer-Machismo Tony Montanas (Pacino). Krachbumm und Gewalt gibt's auch genug, aber die Erzählung ist dann doch das Entscheidende - und da wird man mit Korruption, Drogenmafia sowie Aufstieg und Fall des Gangsters höchst zufriedenstellend bedient.

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Prokla 151



PROKLA 151
Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
38.Jg., Nr.2, Juni 2008
171 S.







Gesellschaftstheorie nach Marx und Foucault ist das Thema dieser Prokla-Ausgabe. Leider wird der Begriff Gesellschaftstheorie eher philosophisch als historisch/soziologisch aufgefaßt, was mehr meinem Interesse entsprochen hätte.

Mut zur Lücke: Ich habe mich nie mit Foucault beschäftigt. Das bedeutet keine Geringschätzung, sondern schlicht mangelndes Interesse an Themenstellung und v.a. Herangehensweise. Und ich muß zugeben, daß die Chiffre Foucault für mich für "sperrig" gestanden ist und auch weiter steht. Leider sind auch hier Beiträge in einer Sprache verfaßt sind, die für mich zu unverständlich ist - und ich hab' jetzt auch nicht nur die kleine Matura (4 Jahre Volksschule und eine Tanzstunde) und schon das eine oder andere gelesen. Dafür bin ich dann doch zu theoriedistanziert und kann zu wenig mit philosophischer Begriffsverliebtheit anfangen, um etwa Urs Lindners Artikel über "Antiessentialismus und Wahrheitspolitik" mit Gewinn lesen zu können und Sätze wie "Die Klasse gewinnt sich aus der kapitalistischen Vergegenständlichung in einem Prozess der Bildung zur bewussten Klasse" von Alex Demirović als interessant zu bewerten und nicht einfach nur als seltsame Sprache.

Daß es auch anders gehen kann zeigt im selben Heft etwa Alex Schärer in seinem lehrreichen Artikel über Ökonomiebegriff und Machtanalytik von Foucault und Marx im Vergleich ("Zugespitzt kann man sagen: Wer die Gemeinsamkeiten von Foucault und Marx betont, spricht nicht von der Ökonomiekritik, und wer die Unterschiede betont, tut dies aus einer ökonomiekritischen Perspektive.").

Außerhalb des Schwerpunkts gibt es einen viel Hintergrund bietenden Artikel von Jürgen Hoffmann und Rudi Schmidt über den Lokführer-Streik letztes Jahr in Deutschland, der ja die Frage aufgeworfen hat, ob das gewerkschaftliche Interessenvertretung, die Solidarität erfordert, war oder abzulehnendes spalterisches Standesdenken. Aus der österreichischen Perspektive oft schwer zu verstehen, hat der Text einiges klarer gemacht. Die Autoren sehen das Agieren der Lokführergewerkschaft als "sehr amerikanisch, man gibt sich unideologisch und handelt streikradikal", was man angesichts der gesellschaftlichen Widersprüche im Neoliberalismus als symptomatisch ansehen könne, aufgrund der besonderen Ausgangslage im deutschen Bahnwesen mit drei Gewerkschaften in einem Monopolunternehmen aber kaum kopierbar sei.

Dienstag, 7. Oktober 2008

30 Winchester für den Teufel


30 Winchester für den Teufel
(30 Winchester per El Diablo)
Italien 1965
Regie: Gianfranco Baldanello
u.a. mit Carl Möhner, Topsy Collins (Alessandra Panaro), John Heston (Ivano Staccioli)




Den Held spielt mit Carl Möhner ein Österreicher. Das ist leider aber das einzige Bemerkenswerte an diesem Film. Vor allem die Liebesgeschichte ist ja grausam schmalzig, sowas will ich in einem Italowestern nicht sehen. Da hat man die auch sonst sehr merkbare Anlehnung an den US-Western-Stil auf die Spitze getrieben. Leider kann auch ein wenigstens schön bös' schauen könnender Bösewicht (Ivano Staccioli) den Film nicht vor dem Prädikat langweilig retten.

Freitag, 3. Oktober 2008

Arbeit und Wirtschaft, 9/2008



Arbeit und Wirtschaft
Herausgegeben von AK und ÖGB
Nr. 9/2008
46 S.






Das Schwerpunktthema des September-Hefts von Arbeit & Wirtschaft ist Arbeitsdruck, Burn-out, gesundheitliche Folgen etc.

Weiters gibt's noch was über den sozialen Wohnbau des Roten Wien. Sibylle Fritsch schreibt:
"Bei aller stilistischen Verschiedenheit hatten die Gemeindebauten doch eines gemein: Mindestens 50 Prozent des Areals musste Grünfläche sein. De facto wurden es oft fast 70 Prozent. Bis in die späten 1980er Jahre ist man diesem Konzept treu geblieben. Aber jetzt ist vieles anders: "Beim Gasometer wurde die Grünfläche auf zwei Prozent reduziert und durch Shoppingcenter und Parkplätze ersetzt", so Sophie Hochhäusl, "im 35-stöckigen Mischek-Tower ist die Grünfläche auf ein Prozent geschrumpft. Dafür freuen sich die Bewohner über die schöne Aussicht." Hat ja auch was für sich, man kann ja verschiedene Angebote schaffen. Ich bräucht' Wiesen und Bäume auch nicht in dem Ausmaß, andere halt schon. Und bei aller Kritik: die beiden genannten Beispiele sind jetzt auch nicht typisch für die Wohnbautätigkeit der Gemeinde Wien, nicht?

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Blätter, September 2008



Blätter für deutsche und internationale Politik
53.Jg., Heft 9/2008
128 S.






Interessant im Heft ist der Artikel "Die Ratio des Iran" von Volker Perthes, in dem er die außenpolitische Interessenpolitik des Iran und ihre interne Diskussion darlegt.

Immer wieder wichtig, Texte wie den des Journalisten Heribert Prantl über die "Mechanismen des Überwachungsstaates" zu lesen (auch wenn sich Prantl etwas seltsam von einem Hollywoodfilm inspirieren läßt). Der Gewöhnungseffekt stellt sich ja tatsächlich schnell ein. Prantl schreibt:
"Heute werden die Telekommunikationsdaten jedes Telefon- und Internetznutzers für den staatlichen Zugriff gespeichert. Vor zehn Jahren hätte man gesagt: Absurd, grotesk, rechtsstaatswidrig! Und wer hätte vor dreißig Jahren geglaubt, dass die Polizei eines Tages ganz legal in Wohnungen einbrechen und dort Abhörwanzen installieren darf?
Exakt dies ist seit 1998 Gesetz.
[Anm.: Prantl schreibt über Deutschland] Der große Lauschangriff war vor dreißig Jahren so undenkbar, wie es heute noch der große Genangriff ist. Deshalb reicht es nicht aus, ein paar Orwellsche Szenarien dagegenzuhalten und zu glauben, damit sei die Diskussion über deutschland- und europaweite Gentests und eine umfassende Auswertung des Genmaterials beendet. "1984" ist vorbei und hat seine Abschreckungskraft verloren."

Erfreulich, daß Prantl das von mir sehr geschätzte Wort "Internetz" verwendet (oder doch nur ein Lapsus?), düster die von ihm gezeichnete Perspektive.