Freitag, 30. November 2007

Zwischen Zwölf und Drei




Zwischen Zwölf und Drei
(From Noon Till Three)
USA 1975
Regie: Frank D. Gilroy
u.a. mit Charles Bronson, Jill Ireland






Ein wunderschönes Westernmärchen, das am Schluß ja fast an Einer flog über das Kuckucksnest gemahnt - nicht nur wegen der Schlußsequenz, sondern aufgrund der lieblich verpackten, aber gar nicht geringen Wucht der Kommerzialisierungskritik. Ästhetisch ist der Film ganz eindeutig Kind der 70er Jahre, als ein US-Western, der in vielen Punkten stark von der Ästhetik der Italowestern der sechziger Jahre beeinflußt ist, aber dennoch auch klar die Wurzeln in der US-Western-Sprache zeigt (vgl. Sam Peckinpah). Bronson und Ireland spielen großartige Parts. Ich hatte tatsächlich einen amüsanten Film erwartet, was er auch war, als Westernparodie funktioniert er total. Im Nachgeschmack bleibt dann aber sogar noch stärker die unerwartete kritische Botschaft.

Donnerstag, 29. November 2007

Kopfgeld: Ein Dollar



Kopfgeld: Ein Dollar
(Navajo Joe)
Italien/Spanien 1966
Regie: Sergio Corbucci
u.a. mit Burt Reynolds, Aldo Sambrell, Nicoletta Machiavelli





Die Figur des Navajo Joe ist leider ein bißchen gschleckt und Karl-May-lastig - das Gewehr, das Pferd und das Superheldenartige, das so gar nicht an die nicht schwarz/weißen Charaktere, sondern bestenfalls hellgrauen Helden des Italowesterns erinnert. Interessant aber, daß die amerikanischen UreinwohnerInnen hier, für einen Italowestern ungewöhnlich, eine Rolle spielen. Von der Inszenierung her, der Ausstattung, des Spiels mit dem Licht, der Gesichter, der Stimmung zeigt der Film ganz klar Sergio Corbuccis Meisterschaft des Italowesterns in dessen bester Zeit - kurz vor Corbuccis persönlichen Höhepunkten Django (1966) und Il grande silenzio ("Leichen pflastern seinen Weg", 1968), mit denen Corbucci sich seinen ewigen Platz im Triumvirat der drei Sergios geschaffen hat, gemeinsam mit dem unerreichbaren Sergio Leone und dem politisch spannenden Sergio Sollima. Daher in Summe ein sehr guter Italowestern.

Dienstag, 27. November 2007

Black Adder

Auf BBC Prime läuft die Serie Black Adder, ein Meisterwerk britischen Humors. In den 80er Jahren gedreht, verkörpert Rowan Atkinson großartig verbissen die Hauptfigur, Black Adder. Hintergrund sind Epochen der britischen Geschichte - Mittelalter, Elisabeth I. (Miranda Richardson als Elisabeth!), 18. Jahrhundert und Erster Weltkrieg - in deren Rahmen sich die Handlung abspielt. Ich versteh' zwar nur die Hälfte der Anspielungen auf historische Ereignisse etc., aber allein das ist schon großartig.



Freitag, 23. November 2007

Hasse deinen Nächsten

Hasse deinen Nächsten
(Odia il prossimo tuo)
Italien 1968
Regie: Ferdinando Baldi
u.a. mit Clyde Garner (Spiros Focás), Horst Frank, George Eastman (Luigi Montefiori)



Man muß Italowestern schon sehr mögen, um sich diesen Film anzuschauen. Die Bildsprache ist viel zu oft und zu sehr US-Western-lastig (die Kostüme!), die Ästhetik erinnert an heutige Fernsehfilme, die Drehorte irgendwo im Grünen können ihre Berechtigung haben, wenn sie aus der Handlung heraus plausibel sind - aber satte grüne Wiesen und Waldlichtungen als Mexiko bzw. mexikanisch-amerikanisches Grenzgebiet verkaufen zu wollen, funktioniert nicht wirklich. Der Plot ist auch dünn, die guten Einfälle sind rar (der Richter ist gelungen).

Literatur:
Michael Lippitsch, Die 200 wichtigsten Italo-Western. Norderstedt 2006

Donnerstag, 22. November 2007

Widerspruch 52




Widerspruch 52
Beiträge zu sozialistischer Politik
27. Jg. / 1. Halbjahr 2007
236 S.







Die 1. 2007er Ausgabe der Schweizer Halbjahreszeitschrift Widerspruch widmet sich hauptsächliche der sozialen Ungleichheit, ihrer Erfassung und Beschreibung sowie daraus folgender politischer Perspektiven (Frage Grundeinkommen). Am interessantesten habe ich die Frage der Defizite in der Erfassung sozialer Unterschiede in der heutigen Wissenschaft, geprägt vom Ablegen des Klassenbegriff (oder dessen Umdeutung) und der Suche nach vielfältiger sozialer Schichtung. Der Schweizer Soziologe René Levy bekrittelt eine "Komplexitätsreduktion": Wenn "festgestellt wird, das "class voting" (d.h. der Zusammenhang zwischen sozialer Position und linken bzw. rechten Wahlpräferenzen) nehme über die Jahrzehnte ab, liegt die Vermutung nahe, dies hänge weniger mit einem Relevanzverlust der sozialen Schichtung zusammen als mit allzu grobschlächtigen Erhebungsverfahren, die systematisch wichtige Aspekte der hierarchischen Differenzierung in Gegenwartsgesellschaften ignorieren."

Mittwoch, 21. November 2007

das Supatopcheckerbunny

Sie ist so großartig. Ich hab' sie schon in Salon Helga immer genossen, aber sie ist auch im Fernsehen in Willkommen Österreich genial:







Dienstag, 20. November 2007

Datum 11/07



Datum, November 2007
Seiten der Zeit
82 S.





Heraus sticht für mich in dieser Datum-Ausgabe das Portrait von Vera Ligeti. Da ich keine Ahnung von Psychoanalyse hab', war sie mir bis jetzt unbekannt (ihren Mann György Ligeti hab' ich jetzt auch nur aufgrund Stanley Kubricks sphärischem 2001 - Odyssee im Weltraum gekannt). Solche Lebensgeschichten des 20. Jahrhunderts (Antisemitismus der Zwischenkriegszeit, Überleben des faschistischen Mordens in Ungarn, Flucht 1956) find' ich einfach immer unglaublich nahegehend.

Montag, 19. November 2007

Die Verachtung



Die Verachtung (Le Mépris)
Italien/Frankreich 1963
Regie: Jean-Luc Godard
u.a. mit Brigitte Bardot, Jack Palance, Michel Piccoli, Georgia Moll, Fritz Lang







Eine Beziehungsgeschichte vor der Kulisse der Filmwirtschaft und des Sommers in Italien. Großartig die lichtdurchfluteten Bilder aus der neuen, noch nicht ganz eingerichteten 60er Jahre Wohnung (das stylische Wohnzimmer!) von Bardot und Piccoli als Kontrast zur brüchigen Beziehung. Überhaupt sehr schöne Bilder, bei denen man mehr hängen bleibt als bei der psychologischen (Liebesgeschichte) bzw. kritischen (Filmwirtschaft) Handlung. Der dramaturgische Sinn der Präsenz von Bardots Hintern hat sich manchmal nicht wirklich erschlossen, aber es gibt ja jetzt Schlimmeres als das.

P.S.: Und wenn's um die Odyssee geht, gibt's sowieso Bonuspunkte von mir.

Mittwoch, 14. November 2007

Arbeit und Wirtschaft 9-10




Arbeit und Wirtschaft Nr.9-10
September-Oktober 2007
62 S.







Die September/Oktober-Ausgabe von Arbeit und Wirtschaft, der Zeitschrift von AK und ÖGB, hat diesmal neben den Standards, also versucht niederschwelligen wirtschaftspolitischen Artikel, die dadurch selbst ich meistens verstehe, einen netten Artikel von Günther Sandner über Otto Neurath und seine Wiener Methode der Bildstatistik (ISOTYPE). Interessant auch der Artikel über 60 Jahre Betriebsrätegesetz und 60 Jahre Kollektivvertragsgesetz, "Die Geschichte zu einem fast vergessenen Doppeljubiläum", von Brigitte Pellar. Auch wenn ich die Zeitschrift eigentlich abbonniert hab', um den Blick auf die Vorgänge an der ökonomischen Basis nicht zu verlieren - hängen bleib' ich dann doch immer bei den historischen Artikeln...

Montag, 12. November 2007

Transit 33



Transit 33
Europäische Revue
Sommer 2007
191 S.







Die Sommer-Ausgabe der Halbjahreszeitschrift des IWM, schon vor längerem erschienen, widmet sich hauptsächlich dem Tod. Der Falter hat damit ja auch erst vor kurzem aufgemacht. Kommt das jetzt in Mode? Nach Klimawandel und Feinstaub anscheinend das nächste große Thema, das mich Nüsse interessiert. Darum hab' ich die Artikel eher überblättert, auch wenn "Tod und Sterben als soziales Ereignis" interessanter klingt als die Geschichten im Falter (bzw. deren Titel, mehr hab' ich davon nicht gelesen). Aber der Tod ist in der Hitparade der mich aber so was von gar nicht interessierenden Themen gleich nach Umweltpolitik und allen Sportarten, die nicht Fußball sind, knapp vor gesundem Leben und gutem Essen. Man kann sich dem Umgang mit Sterben und Tod sozialwissenschaftlich nähern, das hat per se seine Berechtigung, aber sowohl dieses ganze medizinjournalistische als auch noch schlimmer dieses metaphysische Blabla (beides jetzt nicht auf Transit bezogen) ist entweder dumm oder bewußte Irreführung (hier vor allem: jede Religion). Wenn ich tot bin, bin ich tot. Aus. Dann ist mir alles wurscht. Daher soll's jetzt schön und gut sein. Wenn's geht soll das Sterben nicht weh tun. Aber mehr gibt's da einfach nicht.

Sehr interessant sind hingegen die beiden anderen Schwerpunkte der Transit-Ausgabe über den tschechischen Philosophen Jan Patočka und die Charta 77 sowie über Populismus in Ostmitteleuropa. Vor allem Jacek Kochanowiczs Artikel über die polnische Rechte ist sehr informativ.

Freitag, 9. November 2007

Prokla 148




PROKLA 148
Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
September 2007
176 S.







Die aktuelle Prokla-Ausgabe widmet sich der Ökonomisierung immer mehr Lebensbereiche. Ein Beitrag handelt anhand der FU Berlin vom Beispiel Universitäten, Verbetriebswirtschaftlichung ist ja, wie Bodo Zeuner schreibt, keineswegs mit effizienter Betriebsführung zu verwechseln. Das weckt Erinnerungen an die Zeit in VSStÖ und ÖH, wo's um dieselben Themenstellungen gegangen ist. Sonst widmet sich das Heft der "Verbetriebswirtschaftlichung" (im übrigen ein schönes Wort) von Arbeitsmarktverwaltung, Sozialarbeit und Gesundheitspolitik. Interessant ist der Artikel von Sabah Alnasseri, der zwar Governance im Zeitalter des Terrors: Der Fall Irak betitelt ist und damit eines der weiteren, oft eigentlich ja interessanten, aber eher mühsamen linken Theoriegebäude vermuten läßt, aber dann beachtenswerte Analysen über die gegenwärtige Situation im Irak beinhaltet. Ich teil' das zwar nicht alles, aber es sind spannende Denkanstöße und alternative Blickwinkel.

Donnerstag, 8. November 2007

Blätter, Oktober 2007



Blätter für deutsche und internationale Politik
Oktober 2007
128 S.






Etwas verspätet bin ich diesmal dazu gekommen, die Oktober-Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik zu lesen. Ich hab' diese Monatszeitschrift seit 1999 abonniert und auch wenn mich manche Artikel hie und da weniger interessieren, finde ich den kritischen Impetus bei gleichzeitiger seriöser Schreibweise immer sehr gut. So interessieren mich verschiedene Fragen der internationalen Politik eigentlich nicht besonders, Blätter-Artikel zu was auch immer lese ich aber auf jeden Fall. Diesmal wieder einmal sehr nett ein Artikel von Gerhard Drekonja-Kornat über Kuba. Informativ ist im Heft vor allem Regine Igels Artikel über die Verstrickungen des Linksterrorismus in den 70er Jahren, ein Blick jenseits des popkulturellen RAF-Mode in Wissenschaft und Medien (justizpolitisch, wissenschaftskritisch, international vergleichend, unterbeleuchtende Aspekte ans Licht zerrend).

Mittwoch, 7. November 2007

Die andere Front



Anton Holzer
Die andere Front
Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg
Darmstadt 2007 (Primus Verlag)
368 S.






Ich habe mich weder im Zuge meines Geschichtsstudiums noch im Zuge meines privaten historischen bzw. bibliophilen/-manischen/-graphischen Interesses näher mit Photographiegeschichte und dem Bild als Quelle beschäftigt. Den Ersten Weltkrieg hab' ich aber schon immer interessant gefunden, weswegen ich dieses Buch vor einiger Zeit gleich nach Erscheinen verschlungen hab'. Man muß jetzt nicht auf die klassischen Referenzen von George Kennan oder Eric Hobsbawm zurückgreifen, um deutlich zu machenm welch gigantischer Epochenbruch diese wenigen Jahre waren. In im Nachhinein kaum zu erfassender Beschleunigung veränderten sie in Europa die Welt. Rasanter Umbau der Wirtschaft zu staatlich regulierter "Kriegswirtschaft", von der Getreide- und Viehrequirierungen in der Landwirtschaft (auf die in den 20er und 30er Jahren angesichts der Umorganisationsvorstellungen der Sozialdemokratie immer angstvoll verwiesen wurde) bis zur Einführung militärischer Disziplinierung in der Industrie - leider haben die nachfolgenden Konzeptionen sozialistischer Ökonomie an dieser Kommandowirtschaft viel zu sehr Anklang genommen. Der in seiner Wirkung nicht zu unterschätzende Zivilisationsbruch: Industriell organisiertes Massensterben, Massentöten und Massenleiden in unvorstellbarem, zuvor nicht gekanntem, millionenfachem Ausmaß. Und der ideologische Überbau in hitzigem Nationalismus und dessen Ausbruch in der nationalen Revolution, welche die soziale Revolution (Otto Bauer in der Begrifflichkeit folgend) als Plattform nützte aber dies nur für kurze Zeit konnte. Ohne Verständnis des Ersten Weltkriegs als soziale Umwälzung ist die Entwicklung der Ersten Republik nicht zu verstehen.

Holzers Die andere Front ermöglicht den Blick auf eine andere Geschichte des Ersten Weltkriegs, einerseits die der Zivilbevölkerung im "Hinterland" (und z.B. den Terror der österreichisch-ungarischen Truppen dort) und des soldatischen Alltags und andererseits legt er den Fokus anhand der 520 publizierten Photographien aus dem ÖNB-Bildarchiv vor allem auf die "Ostfront". Das Buch bietet anhand der vielen Bilder, hauptsächlich von Photographen im Propaganda-Dienst aufgenommen, einen wichtigen Blick auf das Geschehen. Die Stärke des Bands liegt neben dem großartigen Bildmaterial in dessen sehr guter Beschreibung und Kontextualisierung von Anton Holzer. Ein beeindruckendes Buch.

Dienstag, 6. November 2007

Elizabeth: The Golden Age

Ich freu' mich auf die Fort- setzung des Films Elizabeth im Dezember. Den hab' ich unzählige Male gesehen und kann ihn immer wieder sehen. Zumindest der erste Film hat durch schöne Bilder und intelligente Verstrickungen geglänzt, die künstlerische Freiheiten in der Abweichung von der Historie vergessen lassen - was mir nicht oft passiert.

Montag, 5. November 2007

The Navigators




The Navigators
UK/D/E 2001
Regie: Ken Loach
u.a. mit Dean Andrews, Thomas Craig, Joe Duttine, Steve Huison, Venn Tracy







Letzte Woche hab' ich mir die wohlfeile Sammler-Edition mit den Filmen Bread & Roses, Land & Freedom, The Navigators und Carla's Song von Ken Loach geleistet. Den Film The Navigators hab' ich gleich für einen Themenabend namens "Grenzen der Solidarität?" in der Sektion benutzt. Es waren zwar leider nicht viele Leute da, aber der Film ist gut und die Plauderei und Diskussion rundherum (anläßlich des Lokführer-Streiks in Deutschland, über die Auswirkungen der neoliberalen Privatisierungs- und Flexibilisierungsideologie auf die Eisenbahn und Gewerkschaftspolitik unter diesen Bedingungen) war nett.

Der Film The Navigators selbst hat sich dazu angeboten, da er die Geschichte der Privatisierung der britischen Eisenbahn, im neoliberalismuskritischen Diskurs oftzitiertes Paradebeispiel für die Gegenläufigkeit von Privatisierung und öffentlichem Interesse, in typischer Manier von Ken Loach "von unten" erzählt. In unaufgeregtem Stil erzählt Loach die Geschichte von Eisenbahnarbeitern, wie sich ihre Welt verändert und sie, auch (oder gerade?) wenn sie sich anzupassen versuchen, buchstäblich unter die Räder kommen. Loachs politische Statements, als die seine Filme zu sehen und zu nehmen sind, sind immer wieder beeindruckend. Im zurückgezogenen, unaufgeregten Stil ist er auch besser als im Pathos.